„Die sind zu groß“

■ Junge Streetballer und die Grünen – eine Herausforderung in Oslebshausen

Wahlkampftermin: Samstag, 15 Uhr. Vor dem Eingang zum Oslebshauser Park wartet das Streetballteam von Bündnis 90/Die Grünen auf seinen Einsatz. Die PolitikerInnen bereiten sich mental auf den sportlichen Vergleich mit drei zusammengewürfelten Oslebshauser Jugendteams vor. „Es wird denen eine Freude sein, uns gnadenlos auszuspielen“. Und Fraktionssprecher Dieter Mützelburg seufzt, er habe lange keinen Sport getrieben. Lisa Wargalla, Mitglied im Huchtinger Beirat, findet dennoch die passenden Worte: „Also. Wir kriegen den Ball, und dann rennen wir einfach alle wie verrückt nach vorne!“ Zur Untermauerung grünen Siegeswillens hat sie zudem ihren Streetball-begabten Sohn Til im Gepäck.

Kein Wunder, daß die PolitikerInnen einen gehörigen Respekt vor den Ballkünsten der durchschnittlich 15jährigen Kids haben. Hier, im Park, verbringen die Jugendlichen Oslebshausens einen Großteil ihrer Freizeit mit der Jagd auf die Körbe. Der Platz ist mit Waschbetonplatten ausgelegt. An zwei Körben können die Kids mit den knielangen Hosen und meist sehr teuren Markenturnschuhen werfen. „Fußball ist langweilig“, erklärt Meik (15) seine Leidenschaft für Streetball. Was der Basketball-Unterricht im Schulsport niemals schaffte, Streetball vermag es: Wo auch immer ein Korb (oder beser: Rack) hängt, herrscht reges Treiben – zum Ärger der AnwohnerInnen oft bis in die späten Abendstunden.

Der 14jährige Dennis vom Flyers-Team erklärt die Regeln: Wie beim Basketball wird der Ball gedribbelt. Zwei Schritte sind erlaubt, dann muß der Ball wieder den Boden berühren. „Double“-Dribbeln, also den Ball in die Hand nehmen und weiterdribbeln, ist verboten. Ein normaler Shot (Wurf) bringt zwei Points (Punkte), ein Threepoint kann erzielt werden, wenn der Ball außerhalb der Distanzlinie von etwa fünf Metern in den Korb befördert wird. Der „Center“ läuft unter den Korb und bietet sich für Pässe des „Guards“ (Aufbauspielers) an. „Forwards“ bezeichnet die rechten und linken AngreiferInnen.

Doch auch für die technische Qualität der SpielerInnen gibt es Fachbegriffe. Dennis: „Ein Champ ist ein guter Spieler, ein Chump das Gegenteil. Der kriegt nichts hin.“ Über den Spielaufbau des grünen Teams, welches sich im Eröffnungsspiel mit der „Kralle des Tigers“ befindet, urteilt Dennis mit fachmännischem Blick: „Nö, die haben keine Positionen, die spielen einfach irgendwie.“ „Magic“-Meik fügt beschwichtigend hinzu: „Die sind ganz lustig drauf, müssen aber spielerisch noch was lernen.“

Macht auch nichts. Denn, wie hatte schon Ralf Jonas, Geschäftsführer des Oslebshauser Bürgerhauses und Turnierschiedsrichter, vor Spielbeginn ahnungsvoll angekündigt: „Preise gibt es für die ersten drei Mannschaften. Und ich gehe davon aus, daß dieses alles Jugendmannschaften sind.“

Erste Erfahrungen mit der Spielstärke des Gegners macht der wiederholt ausgedribbelte Bürgerschaftskandidat Helmut Zachau: „Die sind einfach zu groß!“ Während die Tigerkralle ohne Gnade auf einen 54:4 Sieg zusteuert, fällt ihm jedoch noch eine politischere Begründung spieltechnischer Mängel ein: „Wie sind denn eigentlich die Ozonwerte heute?“ Dieter Mützelburg, der vom Spielfeldrand aus „seinem“ Team taktische Anweisungen erteilt, bekommt dann auch einen gutgemeinten Tip vom „Magic“-Team: „Ihr müßt nicht immer gleich alle hochspringen, wenn der Ball kommt!“

Dennoch kann das Mützelburg-Team im Spiel um Platz drei noch einmal alle Kräfte mobilisieren und schlägt wider aller Preisverleihungspläne die „Flyers“ mit 34 zu 32 Punkten. Mit einem Verzicht auf den dritten Platz wird jedoch die erwartete Siegerehrung gesichert. Turniersieger werden die Tigerkrallen mit einem 50:27 über die Magics. Doch der Fraktionssprecher wahrt beim Gruppenfoto für die Zeitschrift „Focus“ wahlkämpferische Haltung: „Jetzt alle wie Sieger gucken!“ André Hesel