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Ziel: Spritzentausch

■ Justizsenatorin und Gesundheitspolitiker besuchten Schweizer Modellprojekt / Keine Zunahme von Drogenkonsum im Knast

Knäste sind weder sex- noch drogenfreie Orte. Das weiß auch Justizsenatorin Peschel-Gutzeit (SPD). Aus diesem Grunde hatte sie in der vergangenen Woche die gesundheitspolitischen Sprecher der im Abgeordnetenhaus vertretenen Fraktionen in den Schweizer Frauenknast Hindelbank eingeladen, um sich über neue Wege und Möglichkeiten der Aids-Prophylaxe zu informieren.

In Hindelbank werden seit Juni 1994 im Rahmen eines einjährigen Pilotprojekts den Insassinnen sterile Einwegspritzen zur Verfügung gestellt. An insgesamt sechs, in verschiedenen Anstaltsbereichen aufgestellten Spritzenautomaten können die Frauen anonym ihre alten Einwegspritzen gegen eine neue umtauschen.

Wie groß der Bedarf an sterilen Spritzen tatsächlich war, stellte sich bereits in den ersten fünf Wochen des Modellversuchs heraus: die rund einhundert Insassinnen benötigten 700 Spritzen. Wie Albert Eckert (Bündnis 90/Die Grünen) nach Gesprächen mit dem Gesundheitsdienst der Anstalt erklärte, habe sich die Zahl der Drogenabhängigen in der Haftanstalt durch die Spritzenabgabe weder erhöht, noch sei sie zurückgegangen.

Justizsenatorin Peschel-Gutzeit zeigte sich von dem Schweizer Pilotprojekt beeindruckt und erklärte im Anschluß an die Visite, daß man die in Hindelbank gesammelten Erfahrungen bei der künftigen Diskussion über die Vergabe von Einwegspritzen berücksichtigen müsse. Gleichzeitig gab sie zu bedenken, daß das Projekt nicht ohne weiteres auf die Berliner Vollzugsanstalten übertragen werden könne. „Die Spritzenvergabe an Gefangene kann meines Erachtens nur dann in Betracht kommen, wenn die Bediensteten von Anfang an voll in die Entscheidung eingebunden werden und diese mittragen“, sagte die Justizsenatorin und verwies darauf, daß männliche Insassen aggressiver und gewaltbereiter seien. Frau Peschel- Gutzeit erklärte weiter: „Gerade in diesem Bereich kann nicht ausgeschlossen werden, daß Bedienstete durch den Einsatz von Spritzen an Leib und Leben gefährdet werden.“ Darüberhinaus sei die Drogenproblematik im Männerstrafvollzug stärker ausgeprägt als in Vollzugsanstalten für Frauen.

Dem widersprach Albert Eckert: „Die Drogenproblematik hat in der Schweizer Frauenhaftanstalt keine andere Qualität als in Berlin.“ Unter Einbeziehung der Beamten sei es sofort möglich, in einem abgeschlossenen Bereich ein ähnliches Projekt durchzuführen. Eckert weiter: „Im schweizerischen Hindelbank hat sich gezeigt, daß es geht.“ Peter Lerch

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