■ Von Menschen und Maschinen: „Gu-ten Tag, ich hei-ße Dee-ring!“
Und der Herr sah, daß seyn Werk gut gethan war. Dachte sich's und ruhte sich erst einmal aus. Michael Deering war anderer Meinung: „Irgend etwas fehlt.“ Genau wie dem Schöpfer war ihm an der Perfektion des Menschen gelegen. Doch der Mensch ist dumm, der Computer ist schlau. Was lag also näher, als beides zu verbinden? Dachte sich's, und während der Herr noch im Kissen ruhte, machte sich Deering daran, das unvollkommene Werk des Schöpfers zu vollenden.
Klar, daß der Forschungsleiter der kalifornischen Computer- Firma Sun Microsystems dabei nicht das Geschäft, sondern das Wohl der Menschheit im Auge hatte. Der kleine Rechner könnte einem Beinamputierten zum Beispiel Empfindungen und Tastsinn in der Prothese vermitteln. Dazu müßten bloß Sensoren in den künstlichen Gliedmaßen mit den verbliebenen Nervenenden verbunden werden. Der Chip im Genick steuert dann das Gefühlsleben. Welche Befreiung! Endlich könnte der Behinderte auch mit Holzbein wieder bolzen. Und endlich würde er das Gesicht wieder vor Schmerz verzerren, wenn er im Schwimmbad auf einen Dosenchip tritt.
Aber nicht nur das: Mit dem Computer im Nacken ist man schließlich kompatibel. Per heißem Draht lassen sich Daten zwischen Mensch und Maschine beliebig austauschen. Ingenieur gesucht? Nichts leichter als das: einfach das Maurerprogramm gelöscht und die Technikersoftware geladen. Und wer weiß? Vielleicht sind eines schönen Tages auch soziale Eigenschaften programmierbar und können über die Schnittstelle direkt in die Bio- Hardware – früher Hirn genannt – gebootet werden. Gefangene, die sich zu Forschungszwecken bereitwillig verdrahten ließen, wurden allerdings enttäuscht: So gut, daß es für eine vorzeitige Entlassung der „freiwilligen“ Versuchspersonen reicht, funktionierten Hard- und Software offenbar noch nicht.
Der Herr schläft immer noch, und währenddessen malt sich ein krankes Forscherhirn den computerkompatiblen Menschen aus. Ein krankes Forscherhirn? Keineswegs. Die Idee stammt von einem Androiden mit Forscherchip, benannt nach dessen Entwickler: Deering. Uwe Hellner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen