Chirac Präsident im dritten Anlauf

■ In der Stichwahl um das Amt des französischen Staatspräsidenten schlägt der 62jährige Neogaullist Jacques Chirac seinen Konkurrenten Lionel Jospin von der Sozialistischen Partei mit 52 zu 48 Prozent

Paris/Berlin (dpa/rtr/taz) – Beim dritten Anlauf hat er es geschafft: Jacques Chirac ist gestern in das Amt des französischen Staatspräsidenten gewählt worden. In einem mit Spannung erwarteten Kopf-an-Kopf-Rennen schlug der gaullistische Bürgermeister von Paris seinen sozialistischen Herausforderer Lionel Jospin, der beim ersten Wahlgang vor zwei Wochen überraschend vorn gelegen hatte.

Nach den ersten Hochrechnungen, die nach der Schließung der Wahllokale – in der französischen Provinz um achtzehn Uhr, in den Großstädten zwei Stunden später – um 20 Uhr im französischen Fernsehen veröffentlicht wurden, erhielt der 62jährige Chirac 52 Prozent der abgegebenen Stimmen. Jospin kam auf 48 Prozent. „Wir haben gewonnen“, triumphierte die Menge in Chiracs Wahlkampfzentrum um Punkt 20 Uhr.

Die Beteiligung lag deutlich höher als noch im ersten Wahlgang vor zwei Wochen. Bis zum Nachmittag hatten bereits 66,8 Prozent der Wähler abgestimmt, wie das Innenministerium in Paris mitteilte. Vor zwei Wochen lag sie zur gleichen Zeit nur bei 64,02 Prozent.

Jospin, der den Neogaullisten in der ersten Runde mit 23,3 Prozent der Stimmen überraschend auf den zweiten Platz verwiesen hatte, kandidierte zum ersten Mal.

Als entscheidend für die Stichwahl wurde angesehen, wie sich jene 43 Prozent der WählerInnen entscheiden würden, die vor zwei Wochen weder für Chirac noch für Jospin, sondern für einen der sieben anderen Kandidaten des ersten Wahlgangs gestimmt hatten. Allein 4,5 Millionen Wähler hatten in der ersten Runde ihre Stimme dem Führer der rechtsradikalen Nationalen Front, Jean-Marie Le Pen, gegeben. Der hat auf eine Wahlempfehlung verzichtet und erklärt, seine Anhänger sollten wählen, wen sie wollten – er selbst werde „ungültig“ stimmen. So war erwartet worden, daß Jospin nicht wenige Voten aus dem extrem- rechten Lager erhalten würde. Die beim ersten Wahlgang weit abgeschlagenen KandidatInnen der Grünen, Kommunisten hatten ihre Anhänger aufgefordert, den Sozialisten zu wählen. Auf der anderen Seite hatte der derzeitige Ministerpräsident und Parteikollege Chiracs, Edouard Balladur, zur Wahl seines Rivalen aufgerufen. Bis zum Wahltag galten 20 Prozent der Wahlberechtigten noch als unentschieden.

Der scheidende Präsident François Mitterand, der gestern demonstrativ für Jospin votierte, wird sein Amt möglicherweise schon vor dem Ablauf seiner Amtszeit am 20. Mai an seinen Nachfolger übergeben. Er hatte 14 Jahre als französischer Präsident amtiert.