Windenergie gegen Nordseevergiftung

■ Bohrinsel „Brent Spar“ bleibt besetzt

Berlin (taz) – Seit gestern dreht sich ein Windrad auf der Ölplattform „Brent Spar“ in der Nordsee. Es versorgt Aktivisten von Greenpeace mit dem Strom, der nicht zuletzt für das Funken der neusten Lageberichte gebraucht wird. Die Greenpeacler halten die Bohrplattform seit dem 30. April besetzt. Sie gehört dem Shell-Konzern. Öl fördert sie keines mehr. Nach internen Papieren der britischen Regierung soll sie vielmehr zum Modellfall industriefreundlicher Umweltpolitik werden. Shell will die „Brent Spar“ schlicht versenken. Greenpeace dagegen verlangt eine „umweltgerechte Entsorgung“. Die Plattform enthält nach Schätzungen der Umweltorganisation über 100 Tonnen giftige Chemikalien, radioaktive Abfälle und Ölschlamm. Giftmüllexperte Jan Rispens auf der „Brent Spar“: „Die Shell-Plattform soll den Präzedenzfall für die Versenkung weit größerer Giftmüllmengen in der Nordsee schaffen. Insgesamt haben wir es allein auf den 60 britischen Bohrinseln in der Nordsee mit etwa 700 Tonnen Blei, 4.300 Tonnen Zink, 8 Tonnen PCB-verseuchten Flüssigkeiten, 160 Tonnen giftiger Gase, 13.000 Tonnen Altöl sowie 1.200 Tonnen radioaktiver Abfälle zu tun.“

Sämtliche Verhandlungen um den Schutz der Nordsee würden damit zur „Farce“, warnt Rispens. Das absichtliche Verschmutzen von Meeren verstoße außerdem gegen internationale Abkommen wie Osparcom (Oslo-Paris-Commission gegen Verschmutzung des Nordostatlantiks), die London- Dumping-Covention und die Nordseeschutzkonferenz.

Nach den Plänen der Briten soll der obere Teil der Plattform abgesprengt werden. Greenpeace weist darauf hin, daß dieses „Toppling“ genannte Verfahren Fischereischiffe gefährdet, die sich mit ihren Netzen in den Wracks verfangen können. Greenpeace hat die Bundesregierung aufgefordert, im Vorfeld der Anfang Juni stattfindenden Nordseeschutzkonferenz gegen die Versenkung der „Brent Spar“ zu protestieren.