■ Das Portrait
: Der Reformator

Den 2. Mai 1990 wird Christiaan Frederick Beyers Naudé nie vergessen. Der burische Theologe und Pfarrer saß im ersten offiziellen Treffen zwischen Südafrikas weißer Regierung und dem Afrikanischen Nationalkongreß (ANC) – auf Seiten des ANC, dem er gar nicht angehörte. Nelson Mandela hatte ihn darum gebeten. „Es war einfach nicht zu glauben. Ich, ein Sohn des burischen Establishments, saß auf der Seite der Befreiungsbewegung, auf der anderen Seite saß das burische Establishment.“

Beyers Naudé, der heute 80 Jahre alt wird, spricht fast mit Erstaunen über den unerhörten Wandel in seinem Leben. Der Pfarrersohn, am 10. Mai 1915 in Roodeport westlich von Johannesburg geboren, war zu einer burischen Bilderbuchkarriere geradezu prädestiniert. Er wurde 1940 Pfarrer in der erzkonservativen Niederländisch-Reformierten Kirche und trat zugleich dem „Bruderbund“ bei, einer Art Geheimloge burischer Intellektueller, den sein Vater mitgegründet hatte. Erst nach Jahren begann er an seiner Kirche zu zweifeln, die die Apartheid- Politik theologisch vorbereitet und gerechtfertigt hatte. Der große Schock kam 1960 mit dem Massaker von Sharpeville, als 69 Menschen von der Polizei erschossen wurden. Zweifel, die bereits in den Jahren zuvor im Kontakt mit schwarzen Gemeinden gewachsen waren, ließen sich nicht mehr verdrängen. Beyers Naudé bekannte sich öffentlich als Apartheid- Gegner und bezeichnete die Rassentrennung als Sünde. Das Regime schlug zurück und verfolgte ihn unnachgiebig. Von 1963 bis 1977 leitete Naudé das apartheidkritische „Christliche Institut“ – und wurde seiner Kirchenämter enthoben. 1977 wurde das Institut von der Regierung geschlossen, Beyers Naudé für sieben Jahre „gebannt“: Ohne polizeiliche Erlaubnis durfte er seinen Wohnort nicht verlassen, nie mit mehr als einer Person gleichzeitig zusammentreffen und in der Öffentlichkeit nicht zitiert werden. „Es war eine sehr schwere Zeit, aber sie hat mir auch geholfen, die schwarze Gesellschaft kennenzulernen“, sagt er.

Beyers Naudé Foto: taz-Archiv

1980 trat Beyers Naudé aus der weißen Kirche aus. Als Anerkennung für seinen Kampf gegen die Apartheid wählte ihn der Rat der Südafrikanischen Kirchen, der hauptsächlich Schwarze vertritt, 1984 zum Generalsekretär. Auch heute noch arbeitet der 80jährige rastlos: Erst in der vergangenen Woche wurde er zum Vorsitzenden der „Anti-Korruptionseinheit“ der Regierung Mandela gewählt. Kordula Doerfler