: Hanau ohne Russenmox
■ SPD-Landesvorstand hält Plutoniumverglasung in Hanau für denkbar / Bündnisgrüne Umweltministerin schweigt
Frankfurt/Main (taz) – Der Landesvorstand der hessischen SPD hat sich gestern gegen die Umwandlung von Waffenplutonium aus sowjetischen Sprengköpfen in Brennelemente aus Mischoxid (MOX) in der neuen MOX- Fabrik der Firma Siemens in Hanau ausgesprochen. In einer von Landesgeschäftsführer Norbert Schmitt in Wiesbaden verbreiteten Erklärung heißt es, daß die von Siemens als „technisch umsetzbar“ erachtete Verarbeitung (taz vom 5. 5.) nur den „Einsatz der Atomenergie auf lange Sicht festschreiben“ werde. Darüber hinaus würde in Rußland eine zivile Plutoniumwirtschaft „auf den Weg gebracht“. Die SPD in Hessen setze dagegen auf den Ausstieg aus der Atomenergie – „und nicht auf den Einstieg in die gefährliche Plutoniumwirtschaft“.
Der einzig sinnvolle und sichere Weg, waffenfähiges Plutonium zu beseitigen, so Schmitt weiter, sei die auch von den US-Amerikanern befürwortete Verglasung und anschließende Endlagerung des Materials. Es liege nun an der Firma Siemens, den Weg für diese Form der abschließenden Behandlung von Plutonium in Hanau freizumachen. Das Konzept decke sich auch mit den rot-grünen Koalitionsvereinbarungen. Von der hessischen Ministerin für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit, Iris Blaul (Bündnis 90/ Die Grünen), war dagegen gestern keine Stellungnahme zum Thema zu erhalten. Zu „ungelegten Eiern“, so hieß es, wolle man sich nicht äußern. Aus dem Umfeld von Blaul war allerdings zu hören, daß man im Umweltministerium befürchtet, durch eine „Kampagne ganz unterschiedlicher Medien und Institutionen“ für die deutsch- russische Zusammenarbeit bei der „Vernichtung“ (Siemens) von Waffenplutonium in eine ausweglose Situation hineingetrieben zu werden.
Umweltministerium befürchtet Kampagne
Weil selbst die renommierte Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) aus sicherheitspolitischen Gründen die Verarbeitung von Plutonium aus russischen Sprengköpfen zu MOX-Brennelementen in Hanau befürwortete, könnte am Ende ausgerechnet dem atom- und plutoniumresistenten hessischen Umweltministerium mit der bündnisgrünen, friedensbewegten Ministerin an der Spitze eine Verweigerungshaltung bei sinnvollen und sicheren abrüstungspolitischen Maßnahmen attestiert werden.
Diese Ängste plagen die Spitze der hessischen SPD offenbar nicht. Und auch der Landesvorstand der Bündnisgrünen in Hessen hatte sich in der vergangenen Woche klar gegen das im Frühjahr in einer dem Auswärtigen Amt (AA) vorliegenden Machbarkeitsstudie von deutschen und russischen Experten ausgearbeitete Szenario von Siemens ausgesprochen.
Im HSFK sind die Verantwortlichen dagegen – nach internen Auseinandersetzungen um die in der Frankfurter Rundschau veröffentlichten Thesen des Instituts – auf Tauchstation gegangen. Die HSFK-Wissenschaftlerin Annette Schaper hatte argumentiert, Rußland wäre eher gewillt, die bei der Abrüstung anfallenden rund 100 Tonnen Waffenplutonium zu Plutonium-MOX-Brennelementen zu verarbeiten, die dann in AKWs eingesetzt werden könnten, als sie durch Einschmelzen in Glas unschädlich zu machen. Stereotyp wurden Nachfragen nach einem Interview seit vergangenen Freitag mit dem Verweis auf die „intensive Reisetätigkeit“ der dafür zuständigen Mitarbeiterin abgeblockt. Klaus-Peter Klingelschmitt
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