Theater der Kaufleute

■ Nun auch als GmbH erhältlich: Das Junge Theater wagt als erste freie Gruppe den Schritt und tritt künftig selbst als Veranstalter auf

Im Jungen Theater ist man jetzt in die Profiliga aufgestiegen. Man hat neben den weiterbestehenden gemeinützigen Verein eine GmbH gegründet. Damit ist das Junge Theater die ersten unter den freien Gruppen, die diesen Schritt gegangen ist. Hinter den vier Buchstaben GmbH verbirgt sich allerdings mehr als nur eine neue juristische Form. Der Trend ist in der gesamtdeutschen Kulturlandschaft zu beobachten. In Bremen zieht er sich von der GmbH des großen Bremer Theaters bis zum Konzertverein „Dacapo“ . Für die Theaterleute in der Friesenstraße bedeutet das, sich nicht nur auf die eigene künstlerischen Produktion zu beschränken, sondern auch größere Projekte zu organisieren, die entsprechenden Etats selbst verwalten zu können und als Veranstalter aufzutreten. Diesen Service will man auch anderen Gruppenanbieten.

„Wenn wir bei anderen Veranstaltern auftreten, dann bleiben oft ganz beachtliche Beträge auf der Strecke“, erklärt Carsten Werner seine Erfahrung aus dem Tourneegeschäft, die die Idee zur GmbH nach sich zog. Aber die Theaterleute sind nicht nur geizig wie jeder Schwabe und gute Kaufmann. Der Blick, der den Konzern „nur aus Flaschenpfand“ aufbaut, geht bei den hiesigen Theaterleuten in die Zukunft. „In der nächsten Zeit wollen wir nicht nur Inszenierungen, sondern größere Veranstaltungsprojekte machen können.“ Im Jungen Theater habe man zwar nicht vor, „in nächster Zeit“ den Großveranstaltern Pölking & Eiken oder KPS Konkurrenz zu machen, aber Expansion steht an. Im Spätsommer soll in einem Zirkus- und Varietezelt Chanson und Comedy gefeiert werden und im November steht mit „Behinderungen“ ein Theater- und Kulturfestival an. Zwei organisationsintensive Projekte, die in der Vorbereitungsphase eine besondere Planungsarbeit erfordern. Mit einer GmbH sei das besser zu leisten, weil die „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ eben die übliche juristische Form sei, über die auch so etwas wie die Versicherung für ein Zelt zuorganisieren sei.

Darüber hinaus will man bei den geplanten Projekten als Veranstalter für die Gastgruppen auftreten. Muß man ihnen dann zwar den Service der Organisation ihres Aufenthalts bieten, aber für die „Junges Theater GmbH“ bliebe dann auch was hängen. Bei einem Festivaletat von 200.000 Mark wären das bei 10 Prozent immerhin 20 000 Mark. Eine Summe für die sich schon die Gründung einer GmbH lohne.

In anderen Theatern gehört die Form der GmbH schon seit langem dazu. Das Bremer Theater habe man gleich nach dem Kriege, im Jahre 1949, als GmbH neugegründet erläutert Rolf Rempe, der Geschäftsführer des Bremer Theaters. „Das war damals eine Welle der Firmenneugründungen, da machte man das so. Aber für ein Theater war es aus damals revolutionär.“ Heute entschließen sich immer mehr Stadttheater dazu, sich als Wirtschaftseinheit unabhängig von den Verwaltungen und Behörden zu machen. „Das hat ganz einfach den Vorteil, daß die Entscheidungen direkt im Theater gefällt werden. Der Finanzhaushalt liegt in der Veranwortung der GmbH. Sonst müssen sie jeden neuen Scheinwerfer erst lange auf dem Behördenweg beantragen.“ Für den 500- Mann-Betrieb des Theaters sei die GmbH Vorraussetztung dafür, zielgerichtet handeln zu können.

Das war auch für andere in der Stadt Vorbild. Vor vier Jahren, als der Konzertverein „Dacapo“ sich zu dem Schritt entschloß, war die GmbH des Theaters ihnen Anreiz. Ingo Ahmls resümiert: „Das war eine absolut richtige Entscheidung. Ich war es einfach leid, von der Kulturbehörde nicht ernstgenonmmen zu werden. Als wir noch ein Verein waren, da kamen die Gelder ja nie pünktlich. Seit der GmbH-Gründung klappt es plötzlich, weil die in der Behörde wissen, eine GmbH muß Konkurs anmelden, wenn die Ausgaben für Gehälter die Subventionen vom Senat übersteigen. Das ist ein Druckmittel, und man ist plötzlich ein wirtschaftlich ernstzunehmender Betrieb.“ Auch, wenn man sich nicht in Abhängigkeit von öffentlichen Geldern befinde, sei die GmbH nur von Vorteil, auch aus psychlogischen Gründen: „Für Leute die wirklich etwas wollen und nicht nur mit ihren Projekten die Arbeitslosigkeit überbrücken wollen„ lobt Ingo Ahmels „da steht die GmbH einfach an.“ Diese juristischen Form sei zwar nicht jedem zu empfehlen: Man könne sich leicht in den aufwendigen Formalitäten verheddern. Aber die Vereine ständen doch eher für den Amateurstatus, „schon aus der Tradition des deutschen Brieftaubenvereins“ - aber „eine GmbH, das ist was für Profis.“

Susanne Raubold