Geschichtsschreibung nach rechts verbiegen

■ betr.: „,Überfallkommando‘ ge gen Clara Zetkin“, taz vom 26. 4. 95

[...] Dieser erneute Versuch, Geschichtsschreibung nach rechts zu verbiegen und sie möglichst mit dem Tag der Gründung der (Alt-)Bundesrepublik beginnen zu lassen, zeigt nur, aus welcher Ecke der Wind weht. Er ist in einer Reihe mit dem Aufruf zum 8. Mai zu sehen, in dem sich Politiker der CDU, einige Rechtsausleger der FDP zusammen mit „Republikanern“ einträchtig vereinen, um eine neue Identität der Deutschen (oder ist es die alte) zu beschwören. Daß zum Beispiel Herr Dregger und andere nicht gegen die Nazis gekämpft haben ist bekannt, daß man aber 50 Jahre nach dem Untergang und der Befreiung ganz Europas vom Nazismus offen damit beginnt, diejenigen, die als erste verfolgt wurden und in die KZs kamen, bevor ihnen Sozialdemokraten, Christen, Juden, Sinti und Roma und schließlich Völker vieler Nationen folgten, aus der deutschen Geschichte zu liquidieren, wie es vor ihnen andere Deutsche physisch taten, sollte nicht nur in Deutschland aufhorchen lassen.

[...] Geschichte läßt sich mit Umbenennungen von Straßennamen nicht verbiegen, es ist allerdings ein Indikator für die Gesinnung, von der einige einflußreiche Politiker in diesem Lande beherrscht werden. Gerhard Rosenberg