„Viel ändern würde sich nicht“

■ Zwei Unternehmer im taz-Streitgespräch über ihre Präferenz bei der Wahl

taz: Herr Nauck, geht es Ihnen wirtschaftlich schlecht in Bremen?

Hasso Nauck: Mit Schlechtgehen hat mein Engagement für den politischen Wandel nichts zu tun. Das hat eher mit der Situation Bremens als mit meiner Verantwortung in meinem Unternehmen zu tun.

Ich glaube, daß die SPD-Regierung doch alle Probleme mal auf dem Trapez gehabt und eine Menge davon trotzdem nicht gelöst hat. Das müssen jetzt mal Leute machen, die in ihrer geschäftlichen Verankerung nahe dran sind an den Problemen. Da ist die Kompetenz bei Herrn Nölle am größten. Der analysiert die Zahlen so klar, daß die Programme, die dann daraufgesetzt werden, nach klaren ökonomischen Richtlinien zu managen sind und frei sind von politischen Verblendungen. Außerdem setzt jede Veränderung, das weiß ich als Unternehmer, Kräfte frei.

Johann Benda: Das stimmt. Die Ampel war das Schlimmste, was Bremen passieren konnte. Deswegen bin ich jetzt für den Wechsel zu einer rot-grünen Mehrheit. Es stimmt schon, daß man eine Stadt annähernd wie ein Unternehmen führen muß. Wir haben aber jetzt zwei Banker als Kandidaten, die sich bisher mit kaufmännischer Qualität nicht besonders hervorgetan haben.

Herr Nölle und die ganze CDU waren damals gegen den Gang zum Verfassungsgericht. Heute sagt er, er weiß, wie man Bremen sanieren müßte – mit den Möglichkeiten, die die SPD in Karlsruhe erstritten hat. Und Herr Nölle weist auf viele Probleme hin und will sie abstellen, sagt aber gleichzeitig, er will einsparen. Das paßt für mich kaufmännisch nicht zusammen.

Nauck: Wenn wir unternehmerisch denken, muß man sagen, daß das bisherige Management die Chancen des Sanierungsprogramms nicht richtig genutzt hat. Da muß man, wie in jedem Unternehmen, an die Auswechslung des Managements denken. Nehmen wir zum Beispiel die Gewerbeflächen...

Benda: Wir sind gerade bei einer Umsiedlung. Ich kann Ihnen deshalb sagen, daß wir im Rahmen der Möglichkeiten unterstützt worden sind.

Nauck: Als die Bremer Drogenleute auf einer Wiese in Oberneuland angesiedelt werden sollten, da war es ganz schnell möglich, die Container hinzustellen, obwohl es baurechtlich eigentlich gar nicht ging. Wenn aber auf der gleichen Wiese irgendein Unternehmen hätte bauen wollen, dann wäre das nie im Leben möglich gewesen. Die Restriktionen werden hier einfach an der falschen Stelle ausgehebelt.

Warum hat Ihre Umsiedlung bisher noch nicht geklappt?

Benda: Wir wollen nach Horn-Lehe-West. Aber das Gebiet war lange nicht frei, weil die Oberneuländer die Verlegung der Radio-Bremen-Masten abgelehnt haben. Aber jetzt klappt das...

...weil Umweltsenator Fücks und die CDU durchgesetzt haben, daß Radio Bremen vom Waller Fernsehturm sendet.

Benda: Ja, das war der entscheidende Umschwung.

Nauck: Das war auch die pragmatisch richtige Lösung. Man mußte sich doch mal überlegen, ob im kleinsten Bundesland wirklich Naturschutzgebiete für den größten Sendemast geopfert werden müssen.

Der Grüne Ralf Fücks wirbt immer dafür, daß auch in anderen Bereichen mit modernen Umwelttechnologien eine solche Verbindung aus Wirtschaftspolitik und Umweltschutz gefunden werden muß. Ist das so falsch?

Nauck: Ich bin überhaupt nicht gegen Umweltschutz. Aber der kostet Geld. Um erstmal Geld in die Kasse zu kriegen, muß ich Wirtschaftskraft ansiedeln. Und wenn ich deren Steueraufkommen habe, kann ich auch Umweltschutz praktizieren. Ohne Moos nix los.

Benda: Umweltschutz setzt erstmal voraus, daß man ihn überhaupt praktizieren will. Und diese Bereitschaft gibt es in der Wirtschaft sehr wenig. Das ist erst in zweiter Linie eine Frage von Geld, denn Umweltschutz ist auch ein Wirtschaftsfaktor. Den nutzen wir nicht richtig. Und als Stadtstaat können wir es uns nicht erlauben, überall, wo jemand mit drei Arbeitsplätzen winkt, gleich alles zuzubetonieren. Außerdem haben wir ja ein Gewerbeflächenangebot in Bremen, das deutlich größer ist als die Nachfrage.

Wenn es am Sonntag für CDU, FDP und AfB nicht reicht, was dann?

Nauck: Wenn von den 300 Mitarbeitern unseres Unternehmens alle die gleiche Verantwortung hätten, dann ist der Laden hier nicht mehr zu managen. Verantwortung muß verteilt werden, deshalb halte ich die Große Koalition für ausgesprochen ungünstig.

Dann lieber Rot-grün?

Nauck: Wenn die Wahl so ausginge, würde ich mit Adenauer sagen: Dann müssen wir neu überlegen.

Die große Koalition würde ohne Nölle stattfinden, Wedemeier aber wäre noch dabei...

Nauck: Das drückt aus, wie sehr man an seiner Macht klebt...

Benda: ...oder daß man sich wie Herr Nölle nur für einen einzigen Posten bewirbt, anstatt richtig Politik zu machen. Nach dem Motto: Bürgermeister werden ja, hinterher arbeiten offensichtlich nein.

Würde ein Regierungswechsel Ihr Leben oder das Ihres Unternehmens ändern?

Nauck: Es würde erstmal meine persönlichen Emotionen verändern, weil ich mich dann wohler fühlen würde. Daß es dann auch gleich am nächsten Tag sachliche Veränderungen gibt, wäre vermessen zu glauben.

Benda: Ich glaube auch nicht, das sich wahnsinnig viel ändern würde. Als wir vor 13 Jahren den Wechsel in der Bundesregierung hatten, dachte ich auch, jetzt wird alles besser, weil ich geglaubt hatte, daß die Sozis nicht mit Geld umgehen können. Aber wenn ich zurückgucke, hat sich doch gar nichts geändert. Der Schuldenhaushalt ist größer und das Sozialpakt ist kleiner geworden.

Fragen: Dirk Asendorpf