■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Langer Henning ganz rotgrün

Über Koalitionen wird vor der Wahl nicht geredet. Die Parole stammt von Bürgermeister Wedemeier persönlich, und auch der SPD-Landesvorstand hat in den letzten Wochen alle FunktionsträgerInnen der Partei gründlich ins Gebet genommen: Bloß keinen Streit mehr über Rot-Grün oder Große Koalition in den letzten Tagen vor der Wahl. Wer solch strenge Verbote aufstellt, lebt ständig mit der Angst, sie könnten übertreten werden. Und das macht mächtig nervös.

So ging Ende vergangener Woche das Gerücht, unter einem Wahlaufruf für Rot-Grün stünde reichlich SPD-Prominenz, insbesondere der Name von Bildungssenator Hennig Scherf. Aufgeregt wurde telefoniert, bis der Fall kurz vor Beginn der Landesvorstandssitzung am Freitag nachmittag geklärt war: Der Lange hatte nicht unterschrieben. Tiefes Ausatmen im kleinen Kreis.

Das Gerücht kam aber nicht von ungefähr. Geredet wurde nämlich darüber, daß unter dem Aufruf „Rotgrün statt Rolle rückwärts“ die „Spitze des Bildungsressorts“ stünde. Und da ist was dran. Wenn Henning Scherf jeden Montag seinen Führungsstab zusammenruft, dann sitzen am Tisch außer ihm und Staatsrat Hoffmann lauter Rot-Grün-Unterzeichner: Rainer Köttgen, Jürgen Holtermann, Arnhild Moning und Birgitt Rambalski. Auch Scherfs „Perspektiven-Labor“, sein Debattenkreis im Wissenschaftsbereich, strotzt von Unterzeichnern des rot-grünen Aufrufs.

Nur einer fehlt auffällig: Fernseh-Professor Rudolf Hickel, der ansonsten keinen öffentlichen Auftritt ausläßt. Doch dumm ist er deswegen noch lange nicht und weiß in eigenem Interesse: Ich muß mich an die Bürgermeisterparole halten.

Und dann war da noch die Sache mit dem grünen Wahlprospekt für die Beiräte Mitte/Östliche Vorstadt. Stand doch darin unter dem KandidatInnen-Gruppenbild: „Foto: Henning Scherf“. Wenn das unter GenossInnen kein Mißtrauen weckt!

Dabei war alles gar nicht so schlimm. Die grüne Gruppe hatte Anfang April am Rathausportal posiert, als Scherf zufällig vorbeikam – und sofort begriff, was hier fehlte: „Also wenn Ihr wirklich alle auf das Foto wollt, dann gebt mal eben die Kamera her.“ Gesagt, getan, und schon stand der von den Grünen engagierte Fotograf mit auf den Rathaustreppen, das Gruppenbild war geknipst und stellte sich nach dem Entwickeln des Films einfach als das Beste heraus. Lag wahrscheinlich an der Kameraposition am Auge des baumlangen Hennning, schätzt Rosi Roland