Die Alternative zum Brösel-Recycling

■ Wenn die Abrißbirne kommt: Noch ist die Wiederverwertung von ganzen Bauteilen ein Traum

Das gute alte Lego-Haus der Kindertage könnte ein Vorbild für modernes Recycling sein: Leicht zu demontieren, einheitlich im Material und einfach neu zusammenzusetzen. Wenn Häuser so gebaut würden, noch dazu aus umweltverträglichen Materialien, dann wäre die Architektin Ute Dechantsreiter ihrem Traum ein Stück näher: dem Bauteile-Recycling.

Daß das kein aufgewärmter Kindertraum ist, hat die Baufachfrau schon bewiesen. Vor einigen Jahren leitete sie den Umbau der ehemals besetzten Häuser in der Heinrichstraße. Das heutige Mädchenkulturhaus ist ein anschauliches Modell für gelungene Wiederverwertung alter Materialien. Andere, neue Beispiele gibt es jedoch wenig. Das Bauteilerecycling, der Ausbau von alten Türen, Fenstern, Dielenböden oder gut erhaltenen Treppen beispielsweise, wird in Bremen nur am Rande betrieben – im wahrsten Sinne des Wortes.

Der Recyclinghof Huchting hat im Bauteilerecycling zwar einen Schwerpunkt gesetzt: Die Wiederverwertung von Baustoffen heißt hier mehr, als alte Ziegel oder Fliesen zu minderwertigem Füllmaterial zu zermahlen – allein, die Kapazitäten sind begrenzt. Zwar gehören 26 Arbeitskräfte zur Belegschaft, doch darf der Recyclinghof als ABM- und Europa-gefördertes „Ausbildungs- und Qualifizierungsprojekt“ keine Gewinne machen, sagt Andreas Kairait, der Huchtinger Recyclingchef. Und außerdem arbeite ein Ausbildungprojekt nach anderen Kriterien als eine private Abrißfirma, wo der Ausbau von Bauteilen rasant schnell geschehen müsse. „Für uns ist das nicht so leicht zu bewerkstelligen.“ Beim Ausschlachten des alten Flughafengebäudes beispielsweise kam die Abrißfirma dem Huchtinger Recycling-Team zuvor.

Ein anderes Problem ist der Absatz. Denn der Wiedereinbau der Teile unterliegt bisher nur der sporadischen Nachfrage einzelner Bauleute. Um das Bauteilerecycling ernsthaft zu betreiben, braucht man Lagerkapazitäten – und ein EDV-gestütztes Vertriebssystem. „Damit könnte ich dann allerdings den Neubau entsprechend planen“, sagt Ute Dechantsreiter. Zwar kennt sie wie Andreas Kairait die Schwierigkeiten, mit denen große Projekte zu kämpfen haben: „In Berlin steht ein ganzes Lager voller alter Türen, und niemand kauft sie“. Doch die Architektin will nicht locker lassen: Gezieltes Abtragen von Gebäuden spart Rohstoffe, Energie und Deponiefläche. Da gebe es noch viel zu tun.

Ute Dechantsreiter organisiert nun eine „Zukunftswerkstatt“ (16.-18. Juni) für interessierte Planungsbüros, Händler und Behörden – um zu verhindern, daß Bremen eine Öko-Chance verschläft. ede

Kontakte: Ute Dechantsreiter, Tel. 706825. Recyclinghof Huchting, Tel. 588659