Muttertagsgrüße

■ Souverän schlug Andrej Medwedew Goran Ivanisevic 6:3, 6:2, 6:1 und vergaß Freundin Anke Huber nicht

Ein “Danke“ an die anwesende Freundin, ein Gruß an all die Mütter der Welt zum Muttertag, irgendwie kam den 10.000 Zuschauenden die Szenerie bei der sonntäglichen Siegerehrung der German-Open vertraut vor. Ja, so verabschiedete sich vor zwei Jahren ein Rotz und Tränen heulender Michael Stich als Sieger am Hamburger Rothenbaum. Die Augen des Ukrainers Andrej Medwedew blieben trotz der gleichen Danksagungen unbenäßt, als er gestern zum zweitenmal nach 1994 den Siegerscheck in Höhe von 254 000 Dollar in Empfang nehmen durfte.

In souveräner Manier schlug der Weltranglisten-Zwanzigste den Kroaten Goran Ivanisevic 6:3, 6:2, 6:1. „Ich weiß gar nicht, warum ich auf einmal so stark bin“, wunderte sich der Freund von Anke Huber nach dem Spiel. Sein Gegner Goran Ivanisevic wußte indes die Antwort: „Das war das schlechteste Spiel meines Lebens. Nichts hat heute geklappt.“ In der Tat: Der Weltranglisten-Sechste irrte wie ein Bezechter auf dem Nachhauseweg über den Platz, und seine sonst so unglaublichen Aufschläge (Spitzengeschwindigkeiten von weit über 200 km/h) wurden vom herbstlich anmutenden Wind (Böen bis Windstärke acht) verweht. Geduld, eines der Essentials für das mühsame Rückschlagspiel auf Asche, mochte der Kroate ebensowenig aufbringen. So daß Medwedew sich damit begnügen konnte, den Ball möglichst lange im Spiel zu lassen und auf die Fehler von Ivanisevic zu warten. 43 an der Zahl machte der Kroate in unbedrängten Situationen (sogenannte Unforced Errors) und nur 52 Prozent der Netzangriffe konnte Goran Ivanisevic an diesem Sonntag für sich entscheiden. Für einen Serve-and-Volley-Spezialisten eine grottenschlechte Statistik.

Dabei waren die Voraussetzungen denkbar günstig für den 23jährigen Kroaten. Die Gunst des Publikums hatte er sich schon am Samstag durch sein furioses Halbfinal-Spiel gegen den spanischen Sandplatzspezialisten Sergi Bruguera (6:4, 3:6, 7:6) gewonnen. Doch auch das monotone, aufmunternd gemeinte Geklatsche der 10.000 vermochte an diesem kalten Sonntagnachmittag keine dopende Wirkung zu erzielen.

Seinen Rest-Humor hat Ivanisevic trotz der Niederlage bewahrt. „Ich dachte, wir beeilen uns, damit die Zuschauer nicht so lange frieren müssen“, scherzte er in die Mikrofone. Mit dem Frieren ist spätestens im nächsten Jahr Schluß. Dann bekommt der Centre Court auf dem Rothenbaum ein Dach.

Max Schulz