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BremerInnen wählten für mehr Arbeit

■ Absturz für die SPD / Riesenerfolg für AfB und Grüne / FDP und DVU draußen

Bremen (taz) – „Das ist ein Bombenerfolg.“ An ein zweistelliges Ergebnis haben wenige Wochen nach Gründung der Wählervereinigung „Arbeit für Bremen“ (AfB) selbst ihre größten OptimistInnen nicht geglaubt. Und so machte die zweite AfB-Spitzenkandidatin Elke Kröning gestern schon nach der ersten Wahlprognose einen Luftsprung.

Die Partei ihres Ehemanns Volker Kröning, bis Sommer 1994 Finanzsenator in Bremen und seit Oktober Bundestagsabgeordneter der SPD, hat dagegen einen Absturz ohnegleichen erlebt. Noch vor fünf Jahren lag die Bremer SPD am Ende ihrer 40jährigen Alleinherrschaft im kleinsten Bundesland um satte 27 Prozent über der CDU. Seit gestern liegen die beiden größten Parteien in Bremen so gut wie gleichauf. Und doch haben die WählerInnen noch immer nicht erreicht, was sie sich ganz offensichtlich in übergroßer Mehrheit wünschen: die SPD in die Opposition zu verabschieden.

„Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten“, folgerte SPD-Fraktionschef Claus Dittbrenner schon aus der allerersten Hochrechnung: „Entweder koalieren wir mit den Grünen oder mit der CDU.“

Der dreieinhalb Jahre andauernde erbitterte Streit zwischen dem grünen Umweltsenator Ralf Fücks und dem FDP-Wirtschaftssenator Claus Jäger hat nicht die SPD gestärkt, sondern statt dessen die FDP, die ganze 3,2 Prozent der Stimmen bekam, als Mehrheitsbeschafferin offenbar unbrauchbar gemacht. Die Grünen dagegen als Interessenvertretung der gealterten Bremer Alternativszene und Lobbyist für eine ökologische Erneuerung der heruntergekommenen Wirtschaft wurden noch über ihr ohnehin traditionell gutes Bremer Wahlergebnis hinausbefördert.

„Wir haben gehandelt“, hatte die FDP im Wahlkampf plakatiert. Doch selbst ihr Ausstieg aus der Ampelkoalition ein halbes Jahr vor dem vorgesehenen regulären Wahltermin konnte die Bremer FDP nicht mehr retten. Zu sehr war sie daran zerbrochen, als drittes Rad zusammen mit Rot und Grün zu regieren, gleichzeitig aber um die Leihstimmen eines konservativen Umschwungs in Bremen werben zu müssen. Und den Todesstoß hat ihr schließlich der Parteiaustritt ihres Innensenators Friedrich van Nispen beschert, der danach mit intimer Kenntnis der Parteiinterna am Rest seiner ehemaligen Kollegen kein gutes Haar mehr ließ.

Der Versuch der PDS, sich mit 200.000 Mark und intensiver GenossInnen-Hilfe aus dem Osten über die Wahlen im kleinsten Bundesland ein erstes Standbein in einem westdeutschen Landtag zu schaffen, ist erwartungsgemäß mißlungen. Sie landete zwar über ihrem Bundestagswahlergebnis von 2,7 Prozent, aber trotzdem noch deutlich unter der Fünfprozentmarke. Der sowieso nur aus 60 Mitgliedern bestehende Landesverband der Gysi-Freunde wird in den nächsten vier Jahren in Bremen wohl keine Rolle mehr spielen.

Das gilt auch für die rechtsextreme DVU, die vor acht Jahren geschafft hatte, was der PDS jetzt nicht gelang. Einen guten Teil haben die sechs rechtsextremen Abgeordneten mit der Spaltung ihrer Fraktion und der fortgesetzten Veruntreuung von Parlamentsgeldern selbst dazu beigetragen. Doch ein Teil der ehemaligen DVU- Stimmen dürfte auch zum Erfolg der AfB beigetragen haben. Hatte doch die neugegründete Gruppe enttäuschter SPDler um Sparkassendirektor Friedrich Rebers mit dem Slogan geworben: „Mensch ärger dich nicht, jetzt kannst Du AfB wählen!“ Dirk Asendorpf

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