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NRW-Grüne zweistellig, FDP abgesoffen

■ Für die Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr beginnt eine neue Ära / Grüne verdoppeln ihre Stimmenzahl / Innenminister Herbert Schnoor hört auf

Düsseldorf (taz) – Achim Rohde war kurz vor sechs noch „guter Stimmung“ im von Jounalisten überquellenden FDP- Hauptquartier im Düsseldorfer Landtag. Doch wenige Minuten später, inzwischen lag die erste Hochrechnung vor, herrschte im FDP-Lager blankes Entsetzen. So kalkweiß hat man die Düsseldorfer FDP-Garde selten gesehen. Sie machten sich zwar noch Mut auf ansteigende liberale Pegelwerte, aber bis 18.30 Uhr blieb der Stand genau bei 4,2 Prozent. Aus! Ende! Vorbei! Die FDP ist draußen.

Rettung könnte das für die SPD bedeuten, die zwar drei Prozent einbüßte. Ob sie damit jedoch die bisherige absolute Mehrheit halten konnte, war bei Redaktionsschluß dieser Ausgabe noch ungewiß. Im Lager der Grünen, die ihr Stimmenpotential auf zehn Prozent verdoppeln konnten, herrschte euphorische Stimmung. Michael Vesper, der Realo-Vormann der letzten Fraktion, hoffte noch auf einen Mandatszugewinn für die Opposition, um die „rot-grüne Stimmung im Lande“ auch in rot- grünes Regierungshandeln umwandeln zu können.

Trotz der Stagnation seiner Partei – plus 0,3 Prozent – schaute der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen Christdemokraten, Bundesarbeitsminister Norbert Blüm, ganz zufrieden in die Runde. Blüm sprach davon, daß „wir einen Schritt weitergekommen sind“, denn die „wesentliche Botschaft“, das „eigentliche Signal“, sei der Verlust der absoluten Stimmenmehrheit für die SPD.

Bedrückte Mienen bei der SPD. Auch wenn es bei der bisherigen hauchdünnen absoluten Mehrheit bleiben sollte, für die Sozialdemokraten bedeutet das Wahlergebnis den Beginn einer neuen Ära. Die Zeit der komfortablen absoluten Mehrheit ist endgültig vorbei und damit die Zeit des unumschränkenten Alleinunterhalters Johannes Rau. Künftig wird Rau Kompromisse finden müssen, um seine in sich heterogene Truppe zusammenhalten zu können. Die Verluste der SPD gehen offenbar auf die sehr niedrige Wahlbeteiligung von nur knapp über 60 Prozent zurück, die deutlich niedriger lag als 1985 (75,2 Prozent) und 1990 (71,8).

Bei der SPD-Führungsspitze, die sich in der Düsseldorfer Staatskanzlei versammelt hatte, herrschte schon während des ganzen Nachmittags eine gedrückte Stimmung. Vor allem die Meldungen über die geringe Wahlbeteiligung ließen die Genossen zittern.

Kurz vor 20 Uhr sorgte der langjährige Düsseldorfer Innenminister Herbert Schnoor für Aufsehen. Der 67jähringe Sozialdemokrat tritt ab. Dem neuen Kabinett will er nicht mehr angehören. Mit der „CDU-Angstkampagne“ im abgelaufenen Wahlkampf zum Thema Kriminalität hat Schnoors Rücktritt indes nichts zu tun. Schon im Dezember 1994 hatte Schnoor Johannes Rau über seinen Entschluß informiert und um Verschwiegenheit gebeten. Schnoor gehört nach den ersten Ergebnissen aus seinem Düsseldorfer Wahlkreis wahrscheinlich zwar weiter dem Landtag an, aber den aufreibenden Job an der Spitze des Innenministeriums möchte sich der 67jährige nicht mehr zumuten. Mit dem zutiefst liberalen, uneitlen Schnoor tritt einer der profiliertesten Innenpolitiker der Sozialdemokraten in Deutschland von der großen politischen Bühne ab. Rau verliert damit sein liberales Aushängeschild und die oppositionelle CDU ihren Lieblingsfeind. Die besten Chancen, Schnoor zu beerben, werden dem Düsseldorfer Regierungspräsidenten Behrens zugeschrieben. Wie Schnoor diente auch Behrens Rau einst in dessen Staatskanzlei. Walter Jakobs

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