Nähe statt Pillen

■ Ein neues Projekt für schizophren Erkrankte helfen

Tabletten dämpfen zwar den Schmerz, beseitigen aber nicht dessen Ursachen. Menschen mit schizophrenen Krankheitsbildern leiden an seelischem Schmerz. Wenn der nicht mehr zu ertragen ist, fliehen sie in eine irreale Welt, können Halluzinationen haben oder völlig desorientiert sein. Und bislang gab es nur eine Methode diesen PatientInnen zu helfen: Tabletten. Das soll sich nun ändern. Am vergangenen Wochenende haben sich etwa 80 MitarbeiterInnen von verschiedenen Psychiatrie-Initiativen und -Projekten getroffen, um über Alternativen zu den Pillen zu beraten. „Den Kranken muß das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit gegeben werden“, sagte die Bremer Hochschullehrerin Annelie Keil. Seit zwei Jahren arbeitet eine Bremer Initiative an der Eröffnung eines Hauses für schizophren Erkrankte.

„Verstehen lernen im Beisein“ – das, so Annelie Keil, sei eine bessere Methode, schizophren Erkrankten den Weg zurück in die Realität zu ermöglichen. Soteria, das ist das griechische Wort für Sicherheit und Geborgenheit, Soteria heißt auch das neue therapeutische Konzept. Die Pillen werden durch menschliche Nähe und psychotherapeutische Arbeit ersetzt. Zwei bis vier hochqualifizierte BetreuerInnen pro Schicht sollen 6 bis 8 PatientInnen in diesem schwierigen, mit vielen Ängsten verbundenen, Prozeß ihres Lebens begleiten. Tag und Nacht.

Erfahrungen aus den USA und der Schweiz belegen, daß die Behandlungserfolge derartiger Projekte den klassischen Methoden mindestens ebenbürtig, wenn nicht überlegen sind, sagt Annelie Keil. Durch weitgehenden Verzicht auf Medikamente ließen sich chronische Erkrankungen vermeiden. Und teurer ist diese Methode auch nicht. Die Projekte kommen mit den üblichen Pflegesätzen aus. Ohne die Isolation auf der Krankenstation könnten die Patienten ihre Krankheitsprozesse besser in ihre Lebensgeschichte integrieren. Für die Umsetzung des Konzepts wird in Bremen noch ein geeignetes Gebäude gesucht.

mar