■ Gastkommentar
: Rot-grün jetzt!

Da sitzen sie im „Kaiser Friedrich“ und feixen: Soll doch der Scherf Rotgrün probieren. Und wenn Fücks reihenweise Kröten schluckt, die Industriebaustelle Hemelinger Marsch höchstselbst mit seinen grünen Händen segnet, es nutzt dem Henning nichts, wir, der Exilsenat, die Stimme der Verprellten, fangen ihn ab. Wenigstens vier Stimmen in der SPD-Fraktion gehören uns, die reichen dicke für das Debakel bei der Senatswahl. Wir, Grobecker, Kunick, Sakuth, und Genossen werden Rotgrün verhindern.

Das ist die Bremer SPD. Schlecht geführt ist sie in einem Maß verwahrlost, das selbst den treusten Anhängern reichte, sie durch den Ortstein in den Grund zu rammen. In ihren Hochburgen blieb die Hälfte ihrer Wähler von den Urnen weg, vom Rest lief ein beachtlicher Teil zu den Schwarzen über. Die Doppelkatastrophe sollte zur Einsicht langen! Weit gefehlt, wer das den Genossen zutraut. Nicht einmal die einhellige Meinung der Bonner Spitze, daß im künftigen Drei-Parteien-Spektrum von Schwarz, Rot und Grün, die SPD nur vorwärts kommen kann, wenn sie auf Grün setzt, neutralisiert das Bremer Widerstandsnest. Scherf kann sie sich nur dann vom Halse halten, wenn er Rot-Schwarz im Rathaus etabliert.

Daß dann mit einem Regierungsblock von 75 Prozent Demokratie zur Farce wird, kümmert jene nicht, die sich einst stolz Parteisoldaten nannten und Solidarität verkündeten. Die galt immer nur ihresgleichen und war nichts anderes als Kumpelei. Wenn Rot-Schwarz künftig Öffentlichkeit nicht mehr braucht, weil das Kräftepatt zu einem Machtkartell führt, bei dem alles unter sich vertraulich ausgekungelt wird, ist das der Stil, den diese Gruppe von jeher schätzte. Nun rächt sich bitter, daß die SPD die Meuterei geschehen ließ, in der Fraktion zur Tagesordnung überging und jegliche Parteidisziplin außer Mode kam.

Jetzt, fast zu spät, muß dennoch abgerechnet werden. Die Erneuerung verlangt, daß der Versuch mit den Grünen gewagt wird, die fast bis zur Selbstentäußerung der SPD entgegenkommen müßen. Mit einem verantwortbaren Koalitionsergebnis muß der Landesvorstand dann die Mitglieder befragen und um die Mehrheit kämpfen. Das ist vor allem Henning Scherfs Part. Gestützt auf eine Mehrheit der Partei muß dann der rotgrüne Pakt gewagt werden mit Androhung radikalsten Konsequenzen für Abweichler. Wenn es dann schief gehen sollte, müssen Köpfe rollen. Wie anders faßt diese Partei wieder Schritt? Schon einmal hat die SPD geglaubt, am Aufschlagpunkt zu sein, der Fall ging trotzdem tiefer. Und jener „Exilsenat“ darf nur noch Nostalgistenrunde im „Kaiser Friedrich“ sein: „Genosse weißt Du noch wie wir Rotgrün fast verhindert hätten?“ Thomas Franke, Senator a.D.