Mit Strom und Telefon total verkabelt

■ Veba-Konzern mit seinen über 700 Unternehmen und Beteiligungen vermeidet exponierte Positionen in der Atomdebatte und stürzt sich auf den Telekommarkt

Berlin (taz) – „Ich finde, Aktienkäufer sind aufgeweckte Leute. Deshalb kaufe ich schon seit Jahren Veba-Aktien“, bekennt die 21jährige Daniela Tobler. Genau wie fast alle anderen im Geschäftsbericht abgebildeten Anteilseigner des Düsseldorfer Konzerns, die heute zur Hauptversammlung nach Essen geladen sind, hockt sie zwischen Büschen, Bäumen und Blumen. Über 400.000 Aktionäre halten die insgesamt 48,6 Millionen Veba-Aktien, meldet die Geschäftsführung. Familiennah und grün – diesen Anstrich versucht sich der einstige Staatsbetrieb zu geben, zu dem inzwischen weit über 700 Unternehmen und Beteiligungsgesellschaften gehören. Sie verdienen gutes Geld mit Strom, Öl, Chemie, aber auch Handel, Verkehr und Dienstleistungen – im letzten Jahr insgesamt 1,5 Milliarden Mark nach Steuern, soviel wie nie zuvor.

Doch der basisnahe Öko-Schein trügt: Wie überall im Energiebereich beherrschen die Großbanken auch bei Veba und ihrem umsatzstärksten Tochterunternehmen, der PreussenElektra, das Feld. Insbesondere die Deutsche und die Dresdner Bank haben hohe Stimmrechtsanteile.

Nach dem Tod von Veba-Chef Klaus Piltz, der Atomkraft als „auslaufende Energieart“ bezeichnet und den Hardliner Hermann Krämer vom Chefsessel der PreussenElektra gestürzt hatte, geht sein Nachfolger Ulrich Hartmann wieder konventionelle Wege. „Maßgeblich für die Nutzungszeit der Kernkraftwerke ist ihre technisch- wirtschaftliche Lebensdauer“, sagte er erst kürzlich in Hamburg. Auch an der Möglichkeit zur Konstruktion neuer Meiler will Hartmann festhalten. In dieses Bild paßt auch, daß Walter Hohlefelder seit letztem Sommer Generalbevollmächtigter bei der Veba ist. Hohlefelder ist AtomgegnerInnen in schlechter Erinnerung, weil er als Leiter der Atomabteilung im Umweltministerium unter Klaus Töpfer für die Novellierung des Atomgesetzes plädierte – um den Ausstiegsambitionen der SPD einen Riegel vorzuschieben.

Obwohl sich der Stromverbrauch in Deutschland im letzten Jahr nur um ein Prozent erhöht hat, konnte PreussenElektra seinen Absatz um 20,2 Prozent steigern. Ursache dafür ist vor allem der lange von den ostdeutschen Kommunen blockierte Kauf der Regionalversorger. Auch wenn sich PreussenElektra den Kuchen nach einem Vergleich vorm Bundesverfassungsgericht mit ostdeutschen Stadtwerken teilen muß, so beherrscht der Konzern jetzt auf dem Stromsektor nicht nur Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen und Teile von Nordrhein- Westfalen, sondern auch Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg.

90 Prozent des Stroms erzeugt PreussenElektra mit Atomkraft und Steinkohle. Drei Atommeiler stehen allerdings zur Zeit still: Unterweser wegen Revision, Brunsbüttel und Würgassen wegen Rissen in dem vor Jahren als todsicher proklamierten austenitischen Stahlröhren, die auch in Krümmel, Stade und Grohnde verwendet wurden.

Ausschließlich gute Nachrichten kann Hartmann den AktionärInnen heute im Telekommunikationsbereich verkünden: Vor kurzem brachte Veba eine Grundsatzvereinbarung mit dem britischen Konzern Cable & Wireless unter Dach und Fach. Damit setzt sich die Veba, die schon mit der Bundesbahn kooperiert, wieder an die Spitze der Telekom-Konkurrenten. Annette Jensen