Die vorauseilende Stimme Gottes
: „Die Posaune, die kann was ab“

■ Bremer Pastor ist jetzt Herr von 130.000 evangelischen PosaunistInnen

Holger Gehrke, zuletzt Pastor in Rablinghausen, ist jetzt zum „Leitenden Obmann des Evangelischen Posaunendienstes in Deutschland“ ernannt worden. Gehrke ging früher selbst blasend durch die Gemeinden.

Sie befehligen jetzt 112.000 kirchliche PosaunistInnen...

Holger Gehrke: Das geht sogar an die 130.000!

Das reicht ja, um Bremen zum Einsturz zu bringen! Wo haben Sie die denn alle her, Saxophon ist doch viel eher „in“.

Wir werden sogar immer mehr! Das ist mit der einzige Bereich in der Kirche, wo es nicht bröckelt, sondern wo es Zuwachs gibt. Und das ist auch der einzige Bereich in der Kirche, wo die Gesellschaft quer durch alle Altersgruppen und Schichten vertreten ist, da sind fünzig Prozent Frauen, da sitzen Schüler neben Rentnerinnen und Ingenieure neben Kranführern. Das gibt es sonst in kirchlichen Gruppen fast gar nicht. Schon in den Kirchenchören sitzt wieder vor allem Bildungsbürgertum.

Gibt's genausoviel kirchliche GeigerInnen?

Nee, gar keine.

Was macht die Posaune denn so kirchennah?

Wie oft kommt die Posaune in der Bibel vor! Die rief die Leute zusammen und war sowas wie die vorauseilende Stimme Gottes. Steht sogar in der Offenbarung des Johannes: „Wenn dereinst die Erde gerichtet werden wird und die Wiederkunft Christi bevorsteht, dann wird die letzte Posaune erschallen.“ Die hatte eine rituelle Funktion. Zimbeln werden natürlich auch genannt...

Ja und die Geige, die geht doch auch ans Herz...

Das hat hat einfach auch praktische Gründe, warum es so viel Posaunenchöre gibt. Sie würden ja nie im Leben eine Gruppe Geiger in den Regen raus schicken und spielen lassen. Erstens würden sich denen sofort die Instrumente verziehen, und zweitens würde man die auch nicht sehr weit hören. Aber so ein Posaunenchor, der kann in Regen, Schnee und Eis spielen...

Auf dem Friedhof zum Beispiel...

Ja, und den hört man auch. Der braucht keine Verstärker, keine Übertragungsanlage, gar nichts. Früher hat man die Posaune gewissermaßen als transportable Orgel eingesetzt, zum Beispiel bei Missionsfesten oder bei Prozessionen. Die ist laut, und die kann was ab.

Aber ein Posaunenchor muß natürlich vor allem lernen, leise zu spielen, da nämlich liegt der Schwierigkeitsgrad drin, laut ist man von alleine. Fragen: cis