■ Mit Nick Leesons Urkunden auf du und du
: Geschickt gemogelt?

Berlin (rtr/dpa) – Der britische Wertpapierhändler Nick Leeson bleibt bis auf weiteres im Knast in Deutschland. Das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main lehnte gestern eine Freilassung auf Kaution ab. Dabei hatten die Anwälte Leesons, Eberhard Kempf und Stephen Pollard, seine Freilassung wegen einer kuriosen Rechtsverdreherei gefordert: Ihr Mandant habe zwar Original-Unterschriften seiner damaligen Chefs in Singapur ausgeschnitten, unter ein von ihm vorbereitetes Papier geklebt und dann fotokopiert und die Kopien als echt ausgegeben.

Das sei nach deutschem Recht aber nicht strafbar, so die Anwälte – es liegt keine Urkundenfälschung vor, weil eine Kopie ja keine Urkunde ist. Den Straftatbestand einer Kopienfälschung gebe es in Deutschland nicht. „Die Auslieferungshaft wurde durch Singapur erschlichen“, folgerte Eberhard Kempf und stellte schon am Montag einen Antrag auf Haftaufhebung.

Das Oberlandesgericht war allerdings anderer Meinung. Die Kopie einer Unterschrift allein sei zwar nicht strafbar. Der Vorwurf der Urkundenfälschung bestünde aber weiterhin, hieß es in der Urteilsbegründung. Das Ding mit der Urkundenfälschung bereitete dem zuständigen Oberstaatsanwalt Hans-Herrmann Eckert ohnehin nur mäßig Kopfzerbrechen. Den internationalen Haftbefehl ließen die Behörden Singapurs zwar deswegen ausstellen. Sie haben inzwischen allerdings diverse Unterlagen nachgereicht. „Von zwölf Vorwürfen muß das Gericht noch elf prüfen“, sagte er gestern.

Nick Leeson war am 2. März auf dem Flughafen in Frankfurt festgenommen worden und sitzt seitdem in Haft. Er ist Angesteller der britischen Barings-Bank und hatte sich an der Börse von Singapur mit Wetten auf Kursveränderungen des japanischen Nikkei-Aktienindex völlig verspekuliert. Er überschritt – angeblich ohne Wissen seiner Chefs in London – alle gesetzten Verlust-Limits, bis er etwa eine Milliarde Dollar in den Sand gesetzt hatte. Dies bedeutete nicht nur das Ende einer der hoffnungsvollsten Spekulanten- Karrieren, sondern auch den Bankrott seiner Bank, eine der ältesten Englands. Spekulieren ist aber in keinem der beteiligten Länder strafbar.

Leeson könnte nicht ausgeliefert werden, wenn er nach deutschem Recht keine Straftat begangen hat. Selbst wenn, gibt es immer noch ein Hintertürchen für den gewieften 28jährigen: Wenn ihm die in Singapur durchaus übliche Prügelstrafe droht, nach deutschen Maßstäbe eine menschenunwüdige Strafe, bleibt er ebenfalls hier. Sein Heimatland Großbritannien hat erst gar keinen Auslieferungsantrag gestellt, da Leeson dort keine Straftaten begangen hat. Reiner Metzger