: In Bed with Yoko
■ Sie ist tatsächlich gekommen: Yoko Ono stellte sich dem Presseansturm in der Kunsthalle
Wichtige Mienen und nerviges Gewusel im gut besetzten Vortragssaal der Kunsthalle: Kameras werden positioniert, Mikros und Schlipse zurechtgerückt. Überregionale Presse ist in ernstzunehmender Zahl angereist. Erwartet wird erstrangige Prominenz - die nach angemessener Verspätung und beschirmt vom Kunsthallen-Chef Wulf Herzogenrath und diversen Helfern und Helfershelfern auch erscheint: Yoko Ono betritt den Saal und das Podium. Sie ist angereist, damit die „Original John Lennon“-Schau noch originaler wird. Und natürlich dürfen die Veranstalter stolz sein, daß John Lennons Witwe sich für den Ausstellungsstandort Bremen entschied und nicht, man denke an die Anfänge der Beatles, für Hamburg. Und stolz sind sie auch: der Kunsthallen-Leiter, der Programmchef von Radio Bremen, Hoffmann und der Radio Bremen-Moderator Glöckner. So stolz, daß Glöckner - „ladies first“ nannte er's - die Dolmetscherin ganz zum Schluß vorstellte.
Und nachdem das erste Blitzlichtgewitter vorbei war, kamen die Fragen. In Deutsch und Englisch, je nach Wunsch und Fähigkeiten. Technisch war leider Schmalhans Küchenmeister, obwohl doch neben dem Ausstellungsplakat ganz groß Sony und Siemens/Nixdorf als Sponsoren firmierten. Schon in den mittleren Rängen jedenfalls ließen sich die Fragen der Kollegen vorn mangels portabler Mikrophonanlage kaum vernehmen. (Da hätte doch Sony sicher noch was auf Lager gehabt...)
Yoko Ono, klassisch schwarz gewandet und mit - unauffälliger - Sonnenbrille vor allzu intimen Einblicken geschützt, antwortet artig und auf alles (“I answer anything“). Wenn man sie ließe. Denn nachdem sie uns kundgetan hat, daß sie diese Ausstellung „bedeutsam“ und „fantastisch“ findet, daß wir „pessimistisch“ sind, weil wir „ungeduldig“ sind und jeder von uns - aber wirklich jeder - „jeden Tag zwei bis drei gute Taten tue“ kommt die Zeit für echte Fragen. Doch als Yoko Ono gerade darauf eingehen will, ob sie Lennons und ihre politischen Performances der 70er Jahre heute nicht als naiv empfindet, fällt Glöckner ihr ins Wort: Leider müsse man, um im Zeitplan zu bleiben, die Pressekonferenz doch langsam abbrechen. „Im Zeitplan bleiben“, das klingt professionell und wichtig. Nun gut, ob die 70er-Aktionen naiv waren oder nicht, wir werden es nicht mehr erfahren.
Höchstens noch, daß Yoko „später“ sicher ihre Memoiren schreiben wird, im nächsten Jahr eine Lennon-CD-Box herauskommt und John einen sehr komplexen Charakter hatte. Zur Zeit allerdings hat sie mit eigenen „One-woman-shows“ in Museen in Italien und Spanien genug zu tun. Und schließlich ist das ja nicht die erste Ausstellung über den bildenden Künstler John Lennon: 200 weitere hat sie in den letzten zehn Jahren schon betreut. Trotzdem: Yoko Ono, eine fast alterslos wirkende Persönlichkeit, ein Star, ist noch bis morgen in der Stadt. Das mag die etwas holprige Kunsthallen-Konferenz erklären: Schließlich haben Herzogenrath & Co. es nicht immer mit lebenden Legenden, sondern öfter mit längst verblichenen Öl auf Leinwand-Stars zu tun. Hurtig absolvierte Yoko Ono dann noch den Ausstellungs-Parcours. Offenbar kennt sie klaustropohobische Ängste kaum: Der Fotografenpulk folgte ihr unerbittlich. Doch das ist für Yoko Ono ja nichts Neues. Vor dem in der Schau nachgestellten „Bed-In“ für den Frieden (1969) begann der Foto-Reigen. Kleinigkeit, mag sich Yoko gedacht haben: Damals, vor 26 Jahren, belagerten die Reporter doch eine ganze Woche unser Bett!
Alexander Musik
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