Linkskoalition gegen die große Koalition

■ Gewerkschaften und grüne SympahtisantInnen drängen die SPD in Richtung rot-grün

Beim Eiertanz um eine Koalitionsaussage zugunsten einer rot-grünen Koalition bekommt die Bremer SPD jetzt Druck von links unten. GewerkschafterInnen und rot-grüne SympathisantInnen diskutieren in diesen Tagen über eine konzertierte Aktion, um das Klima in der SPD und in Bremen gegen eine große Koalition zu schüren. Noch vor der Mitgliederbefragung der SPD und parallel zu den „Sondierungsgesprächen“ der Parteien wollen die Intiatioren der Aktion klarmachen, was ihrer Meinung nach eine große Koalition für die Arbeitnehmerschaft Bremens bedeuten würde – und damit der SPD einen kleinen Schubs nach links geben.

Denn wenn der Landesvorstand der SPD heute zusammensitzt, um über das Verfahren der Mitgliederbefragung, die Sondierungsgespräche und über erste Ergebnisse der Findungskommission zu beraten, dann hat er einen Brief von Betriebsrat und Vertrauensleuten der „Daimler-Benz Aerospace Airbus“ auf dem Tisch. In dem Schreiben an die „liebe Christine (Wischer), liebe Parteimitglieder“ drängen die IG-Metall-Mitglieder die Genossen, eine rot-grüne Koalition einzugehen. In dem Entwurf des Briefes heißt es, die Gewerkschafter hätten sich „massiv in den Wahlkampf eingemischt“, um eine Regierung „derjenigen zu verhindern, die mit den Mitteln von gestern die Problem von morgen lösen wollen. Wir erwarten von Euch, einer großen Koalition eine Absage zu erteilen. Wir fordern Euch auf, den Mut aufzubringen, eine Politik mit einem klaren sozialen, ökologischen und arbeitnehmerorientierten Profil zu betreiben.“

Auf der ebenfalls heute tagenden Vertreterversammlung der IG Metall steht die Diskussion um eine gemeinsame Aktion zur Unterstützung der rot-grünen Option auf der Tagesordnung. Für Eike Hemmer vom Betreibsrat der Stahlwerke Bremen, wo man über einen ähnlichen Brief nachdenke, ist klar, daß sich „die Gewerkschaften in dieser Situation irgendwie zu Wort melden müssen.“ Man müsse klarmachen, daß in einer großen Koalition „Sparkonzepte, Bildungs-, Wohnungs- und Verkehrspolitik sehr einseitig zu Lasten der Arbeitnehmer“ gingen.

Mit ähnlichen Worten hat gestern auch die DGB-Vorsitzende Helga Ziegert die „Forderungen für die zukünftig zu bildende Koalitionsregierung“ formuliert: Die SPD solle den Mut haben, „auch bei einer knappen Mehrheit die Weichen für ein entschiedenes Reform-Projekt zu stellen.“ Eine große Koalition mit einer CDU, die die Armut in Bremen ignoriere, den Umweltschutz als Wirtschaftshemmnis begreife und nichts gegen die „soziale Schieflage beim Sanierungsprogramm“ tue, stoße beim DGB – Einheitsgewerkschaft hin, politische Enthaltsamkeit her – auf Widerstand. Schließlich hat auch die „Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD“ (AfA) die eigene Parteispitze ermahnt, die WählerInnen hätten der SPD die Führung einer Landesregierung „mit klarem reformpolitischen Auftrag“ erteilt: „Auch bei knappster Mehrheit halten wir die Bildung einer rot-grünen Reformkoalition für möglich“. Eine große Koalition erscheine zwar auf den ersten Blick als der einfachere Weg, führten aber zu einem weiteren Vertrauensverlust und seien nur als letzte Möglichkeit zu realisieren.

Bereits kurz vor der Wahl hatten die Gewerkschaften einige hundert Unterschriften von prominenten GewerkschafterInnen für eine Anzeige „Wir sagen nein zu CDU, FDP und AFB!“ zusammengebracht. Eine ähnliche Aktion „Rotgrün statt Rolle rückwärts“ hatte Stimmen aus dem grünen Lager, der linken SPD und von WissenschaftlerInnen zusammengebracht. Für Günther Warsewa, Dozent an der Uni, geht es bei der Kooperation mit den Gewerkschaften vor allem darum, die „öffentliche Stimmung“ für rot-grün zu verbessern: „Wenn niemand daran glaubt, hat das wirklich keine Chance.“ Als Aktionsformen kann er sich Unterschriftensammlungen, Anzeigen oder eine große Diskussionsveranstaltung vorstellen. Auf jeden Fall solle aber öffentlich über die Auswirkungen einer rot-grünen oder einen großen Koalition geredet werden: „Es gibt gute inhaltliche Gründe für rot-grün“, meint Warsewa. „Das ist einfach die bessere Alternative.“ bpo