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Ärger mit Reichweite

Sportliche Grüße an den linken „Monitor“-Vorstopper Klaus Bednarz vom Sat.1-Rechtsaußen  ■ Heinz Klaus Mertes

Oh, was haben wir uns immer über „Monitor“ geärgert! Schon allein, wie der Bednarz „Report aus München“ zum Schluß angekündigt hat. Das mußte er nämlich, das war ARD-Comment. Das eine politische Magazin hatte am Ende der Sendung auf das in der kommenden Woche folgende hinzuweisen. Und Monitor lag über Jahre hin nach schier unerschütterlichem ARD-Ritus vor „Report aus München“.

Aber wie er sich dieser Pflicht entledigte: Als beherrsche er nur mühsam die Pein, dem TV-Volk solche Greuel aus dem schwarzen Süden der Republik andienen zu müssen. Dabei blieben Miene und Stimmtimbre des Moderators ausdruckslos wie immer. Aber war das nicht gerade das Scheinheilige? Strömte, triefte, flutete die Tragik nicht regelrecht aus allen Bildschirmporen in die „Monitor“- Schlußsignation?

Die geachtetste, notwendigste, aufklärerischste, mutigste, investigativste aller politischen Magazinsendungen mußte für Wochen verhallen, und „Report“ aus München dräute. Himmel, was soll wohl aus Deutschland werden in dieser Spanne – allein gelassen, wochenlang, bis dann endlich „Monitor“ wieder für die Licht- und Durchblicke sorgt, daß dieses Land nicht im Fluglärm umkommt, sich nicht beim Genuß verwurmter Heringe selbst entleibt, Mercedes und VW fährt, ohne an die imperialistische Erblast der Dauerkapitalisten zumindest beim Bedienen des Scheibenwischers zu denken.

Aber wer war jetzt im Positionsvorteil in ehernem ARD- Rhythmus? „Monitor“ – den Münchenern eine Woche voraus und deshalb in der Lage, uns in gesamtgesellschaftlicher Vorsorge die Themen wegzunehmen, die durch Münchener Sicht und Machart das Volk in eine falsche Richtung hätten leiten können?

Verfolgte im Dienste der Aufklärung

Oder doch „Report“, das zu- und nachschlagen konnte, ehe sich „Monitor“ wieder Wochen später zu Wort melden durfte? Hase-und- Igel-Syndrom, babylonische Gefangenschaft im binnenpluralen journalistischen Kesseltreiben, das – am 30. Monitorgeburtstag sei's gesagt – doch insgesamt ziemlich sportiven Spaß machte. Wenn man sich als „Report“-Macher und/ oder -Zuschauer bloß nicht so über die Kölner Zumutungen hätte ärgern müssen: Immer wieder diese raffinierte journalistische Demagogie, diese Einseitigkeit – eine wirkliche Gefahr für das ausgewogene Medien- und Meinungsklima der Republik –, und so clever dargeboten, daß Klaus Bednarz und seine Mannen letztlich immer ungerupft davonkommen, sich sogar oft als Verfolgte im Dienste der Aufklärung gerieren konnten, wo sie doch aber die medialen Hätschelkinder par excellence waren. Zum Glück – gab es „Report aus München“, das anerkanntermaßen ja nie der Versuchung tendenziöser Einseitigkeit erlag. Und hoffentlich wird es diese „balance of power“ immer geben, solange es „Monitor“ gibt.

Schade nur, daß der alten rhythmusgeborenen Rivalität etwas die Spitze genommen ist, seitdem „Monitor“ sich auf dem Donnerstag-Sendeplatz ansiedelte. Deshalb mein zukunftsweisender Vorschlag an die ARD zum 30. Geburtstag von „Monitor“ (Report aus München ist übrigens älter und wohl schon deshalb etwas seriöser): Wegrationalisierung aller letztlich nur ablenkenden sonstigen politischen Magazine. Nur noch „Report“ aus München und „Monitor“ aus Köln! Aber nicht durch eine Woche Karenz getrennt, sondern Abend für Abend, Primetime für Primetime: ein „Super-Frontal-Explosiv“ von wahrhaft erschütternden Wirkungen in der TV-Wettbewerbslandschaft. Eine Jahrhundertidee!

Aber eine so simple wie durchschlagende Reform, fürchte ich, kann die ARD aus strukturellen Gründen nicht durchsetzen. Weil sie halt so föderalistisch ist, wie sie ist, werden die Magazinstimmen aus der Provinz, also außerhalb von Köln und München, wohl erhalten bleiben – zum Nachteil einer wirklichen und dringender denn je gebotenen Aufklärung in Deutschland.

Trotzdem alles Gute für die Zukunft, verehrte Kollegen, mehr Reichweite als Ärger!

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