Ausgegrenzt – weil ohne Konto

■ SchuldnerberaterInnen beklagen Kontokündigungen / Lösung: Konto auf Guthabenbasis?

„Wir haben einen Monat unsere Rate bei der Sparkasse nicht bezahlt, und dann haben die uns das Konto gekündigt, nach 26 Jahren!“ Frau R. aus Bremen ist verzweifelt. Vor kurzem starb ihr Mann, ehemaliger Klöckner-Arbeiter. Nun soll ihr Haus zwangsversteigert werden. „Ich hätte die Zimmer doch vermieten können!“ Immer mehr Haushalten wird das Girokonto aufgekündigt, bundesweit innerhalb eines Jahres 60.000, berichtet der Förderverein Schuldenberatung im Lande Bremen (FSB). Als Anlaß reiche den Banken und Sparkassen häufig schon, daß das Girokonto überzogen sei und der Kunde arbeitslos werde, sagt Hans Peter Ehlen vom FSB.

Dem widerspricht Klaus Selchert von der Bremer Sparkasse, dem größten bremischen Kreditinstitut für PrivatkundInnen: „Gekündigt wird nur, wenn die andere Vertragsseite Absprachen nicht eingehalten hat.“ Doch einer Kündigung voraus gingen diverse Gespräche und erneute Absprachen, zum Beispiel Ratenaussetzungen.

Was es bedeutet, ohne Konto dazustehen, macht der Bremr Schuldenberater Ulf Groth deutlich: „Das ist eine Ausgrenzung par excellence.“ Finde der Betroffene eine neue Arbeitstelle, könne aber bei seinem Arbeitgeber keine Bankverbindung angeben, bekomme er schon allein deswegen in aller Regel keinen Arbeitsvertrag. Ulf Groth: „Heute ist doch kein Unternehmer mehr darauf eingerichtet, Geld per Scheck auszuzahlen.“ Außerdem käme, wer Miete, Energie, Kitabeitrag, zwei Abos usw. per Bareinzahlung überweisen müsse, auf 150 Mark Gebühren monatlich. Zehn Mark koste bei der Post ja schon der Einzelvorgang.

Nun hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung eine Lösung vorgeschlagen: Banken und Sparkassen könnten doch zumindest Konten auf Guthabenbasis, also ohne Überziehungskredit, einrichten. Sollten Banken und Sparkassen ein solches Konto verweigern, sei das sogar verfassungswidrig, sagt ein Gutachten des Instituts für Finanzdienstleistungen, das die Verbraucherverbände in Auftrag gegeben haben. Zumindest die öffentlich-rechtlichen Sparkassen wären zu Konten auf Guthabenbasis verpflichtet.

Eine Idee für die Bremer Sparkasse? Offenbar nicht. Jedenfalls bemüht sich der Bremer Förderverein Schuldenberatung nach eigener Aussage seit zwei Jahren vergeblich um einen Gesprächstermin. Gegenüber der taz sagt Klaus Selchert von der Bremer Sparkasse: Ein reines Konto auf Guthabenbasis könne man nicht leisten im Moment. Außerdem bemühe man sich ja gerade, verstärkt Bargeldautomaten aufzustellen und den herkömmlichen Kassenbereich zurückzufahren. Es gebe aber keine Möglichkeit zu vermeiden, daß ein Kunde doch wieder in den Minusbereich gerate.

Ein technisches Problem also? Ulf Groth vom Förderverein Schuldenberatung frotzelt: „Ich dachte immer, daß die Menschen den Computer beherrschen und nicht umgekehrt.“ Er bezeichnet die Aussagen der Sparkasse als Hinhaltetaktik. Nun planen die Grünen und die SPD im Bundestag, die Banken per Gesetz zur Bereitstellung von Konten auf Guthabenbasis zu verpflichten. cis