Mit Streiks und Demos gegen Privatisierung

■ Brasiliens Präsident Cardoso plant weitere Unternehmensverkäufe

Rio de Janeiro (AFP) – Die brasilianische Regierung will noch in diesem Jahr mindestens 18 staatliche Unternehmen privatisieren. Planungsminister Jose Serra zufolge zählen dazu die Banco Meridional, die Energieverteilerfirma Escelsa, das Eisenbahnnetz und 13 petrochemische Unternehmen. Serra betonte die Bedeutung der Privatisierungen für die Wirtschaft des Landes. In acht Metallbetrieben, die zwischen 1991 und 1993 verkauft wurden, sei die Produktivität zwischen 60 und 70 Prozent gestiegen. Seit Beginn des Privatisierungprozesses im Oktober 1991 wurden in Brasilien bereits 42 Unternehmen im Wert von umgerechnet insgesamt rund 12,4 Milliarden Mark verkauft. Ausländische Investoren konnten sich in einige Firmen mit bis zu 100 Prozent einkaufen.

In mehreren Bundesstaaten im Nordosten Brasiliens kam es am Wochenende erneut zu Protesten gegen das Privatisierungsprogramm von Präsident Fernando Henrique Cardoso. Im Bundesstaat Paraiba wurde der Bus des Staatschefs von streikenden Arbeitern mit Steinen beworfen. Cardoso sei leicht am Arm verletzt worden, als ein Stein ein Busfenster durchschlug. In Xingo im Bundesstaat Alagoas wurde Cardoso von 300 aufgebrachten Gewerkschaftern empfangen.

Seit knapp drei Wochen sind in Brasilien der Großteil der 45.000 Ölarbeiter im Ausstand. Sie fordern unter anderem Lohnerhöhungen um zwölf Prozent, die die staatliche Erdölgesellschaft Petrobas im vergangenen Jahr zugesagt hatte. In mehreren Bundesstaaten führte der Streik bereits zu Engpässen in der Benzinversorgung. Nach der Verfassung dürfen unter anderem die Minen zur Ausbeutung von Material für die Atomindustrie, die Erdöl- und Gasförderung sowie die Raffination und der Transport von Erdöl nicht verkauft werden. Die Regierung hatte dem Parlament jedoch Verfassungsreformen vorgeschlagen, um auch Teile dieser Unternehmen privatisieren zu können.