Statt Geflügelzucht Käfighaltung

Neonazi Arnulf Priems Umschulungspläne überzeugten den Richter nicht / Dreieinhalb Jahre Haft für den „geistigen Brandstifter“, Nazi-Ikonensammler und Waffenträger  ■ Aus Berlin Barbara Bollwahn

Der Neonazi Arnulf Priem bleibt in Haft. Seine sonst strähnigen grauen Haare hatte er sich zur gestrigen Urteilsverkündung umsonst hübsch in Locken gelegt. Die Staatsanwaltschaft und der Richter sahen es nach nur zweitägiger Beweisaufnahme als erwiesen an, daß das weitreichende Geständnis des 47jährigen Priem „nicht auf Reue“, sondern auf Opportunismus beruhe. Richter Hans Jürgen Brüning verurteilte den führenden Rechtsradikalen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Die Staatsanwaltschaft hatte vier Jahre beantragt.

Das Gericht verurteilte den einschlägig vorbestraften Priem, der sich seit August letzten Jahres in Haft befindet, wegen der Verunglimpfung des Staates und von Verfassungsorganen, der Verwendung von Nazi-Symbolen, der Bildung eines „bewaffneten Haufens“ und illegalem Waffenbesitz. Strafmildernd wertete das Gericht zwar sein weitreichendes Geständnis. Doch da dies „eher von prozeßtaktischen Erwägungen geprägt“ gewesen sei, könne von einer „inneren Abkehr“ keine Rede sein. Die von der Verteidigung geforderte Bewährung und Haftentlassung wurde dem Angeklagten versagt.

Strafverschärfend wertete Brüning, daß der Berliner Landesvorsitzende der 1992 verbotenen Deutschen Alternative noch immer als Anführer der rechtsextremistischen Organisationen „Wotans Volk“ und des „Asgard-Bundes“ fungiert. Priem, der vor Gericht bekräftigte, daß der mit der „Endlösung der Judenfrage“ beauftragte SS-Führer Reinhard Heydrich sowie Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß nach wie vor seine Vorbilder seien, widersprach gestern, daß das Gericht seine für ihn wertvolle Nazi-Ikonensammlung – Ringe mit SS-Totenkopf und Armbinden mit Hakenkreuz – nicht herausrücken will.

Priem hatte vergeblich versucht, das Gericht von einem Rückzug ins Private und einem Einstieg in die Geflügelzucht zu überzeugen. Aber immer wieder hatte er betont, daß er nicht aussteige, sondern sich aus „taktischen Gründen“ zurückziehe.

So gelangte das Gericht zu der Überzeugung, daß von Priem nach wie vor eine „große Gefahr“ ausgehe. Diese bestehe darin, daß er ein „geistiger Brandstifter“ sei, sagte Richter Brüning. Priem hatte freimütig zugegeben, den damaligen Bundespräsidenten als „Drecksau“ und die Ereignisse in Hoyerswerda als „Prozeß der Selbstreinigung“ bezeichnet zu haben. Auch von seiner Äußerung, „Unwissende zu erleuchten, wie den Bundestag mit einem Flammenwerfer zum Beispiel“, hatte er sich nicht distanziert. „Priems Brandreden sind gefährlicher als seine Waffen“, so Richter Brüning.

Bei Priems Festnahme im August letzten Jahres hatte die Polizei in seiner Wohnung neben scharfen Schußwaffen und Molotowcocktails 220 Gramm Sprengstoff sichergestellt, dessen Besitz ihm jedoch nicht nachgewiesen werden konnte. Priem hatte am Todestag von Heß über zwanzig Kameraden zu seinem Schutz angefordert. Er befürchtete einen Angriff von Antifas, die zu einer Demo gegen Rechtsradikalismus aufgerufen hatten. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß Priem der Anführer des „bewaffneten Haufens“ war, aus dessen Mitte heraus ein Journalist mit einem Katapult leicht verletzt worden war.