Großer Bahnhof für Rhein-Main-Verkehrsverbund

■ Am Sonntag wird grünes Licht für Europas größten ÖPNV-Verbund geschaltet

Frankfurt/Main (taz) – Ein „historisches Datum“ nennt der Geschäftsführer des Rhein-Main- Verkehrsverbundes (RMV), Volker Sparmann, den morgigen Sonntag. Auf zwanzig Stadt- und Bahnhofsfesten wird der Beginn des größten europäischen Regionalverkehrsverbunds gefeiert. Zugleich steht der umfangreichste Fahrplanwechsel in der Geschichte der Region an. Neue Fahrkartenautomaten auf 402 Bahnhöfen werden dann die Tickets für den RMV ausdrucken. Das Verbundgebiet umfaßt 310 Städte und Gemeinden mit rund 4,9 Millionen EinwohnerInnen: von Kirchhein bei Marburg bis Bickenbach im Odenwald, von Mainz bis Fulda. Für das gesamte RMV-Gebiet gilt ein einheitliches Tarifsystem. Mit einer Fahrkarte können für die gewählte Strecke und an den Zielorten Züge, Busse, Straßenbahnen, U- und S-Bahnen benutzt werden. Alle Verkehrsmittel seien zeitlich und räumlich aufeinander abgestimmt worden, so Sparmann stolz. Kürzere Taktzeiten und schnellere Umsteigemöglichkeiten sollen unnötig lange Wegezeiten vermeiden. Das große Ziel der RMV-Planer ist, die AutofahrerInnen von der Straße in die Bahnen und Busse zu locken.

Als „wesentlichen Schritt in ein neues Zeitalter des öffentlichen Nahverkehrs“ begrüßten die Bündnisgrünen im hessischen Landtag den Start des Verkehrsverbundes; sie reklamieren schließlich die Urheberrechte am RMV für sich. Wer zurecht über Ozonbelastung und Staus im Berufsverkehr klage, sollte das neue Angebot jetzt auch nutzen, fordert der Landtagsabgeordnete Frank Kaufmann. Er appellierte an die Verkehrsunternehmen, während der Einführungsphase auch bei falschen Fahrkarten einmal ein Auge zuzudrücken.

Für die SPD sagte die Bundestagsabgeordnete und Bezirksvorsitzende Heidemarie Wieczorek- Zeul, daß der RMV eine Voraussetzung für die Schaffung der „Zukunftsregion Rhein-Main“ sei: „Durch den RMV werden die Städte und Menschen der Region näher zusammengebracht. Nur so kann das Bewußtsein für eine gemeinsame Rhein-Main-Region entstehen.“

Doch am Sonntag wird es nicht nur strahlende Gewinner geben. Die Bürgermeister von Gemeinden, die an den Grenzen sogenannter Tarifwaben liegen, laufen seit Monaten Sturm gegen das neue RMV-System. Für Bischofsheim und Ginsheim-Gustavsburg beispielsweise verteuern sich alle Fahrkarten und zudem verschlechtern sich auch noch die Taktzeiten. Fast alle anderen Kommunen im Landkreis Groß-Gerau hingegen profitieren vom RMV. Klaus-Peter Klingelschmitt