: Arbeit der Zukunft, Zukunft als Arbeit
■ Über Pfingsten diskutiert die 16. Volksuni gesellschaftliche Vorstellungen für das neue Jahrtausend / MigrantInnen und Berlin-Brandenburg als neue Schwerpunkte
„Die Lösungen werden wir auch in diesem Jahr nicht haben, dafür liefern wir den Stoff, der das Zuhören und das Streiten lohnt.“ Beides versprechen die MacherInnen der 16. Volksuni, die vom 2. bis 5. Juni nunmehr zum fünften Male in den Räumen der Humboldt-Universität stattfinden wird. Das Programm ist so umfangreich wie noch nie zuvor: 200 Referenten und Referentinnen diskutieren in mehr als 100 Veranstaltungen aktuelle Fragen aus Politik, Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft. Erwartet werden deutlich mehr als 2.000 Besucher – so viele waren im Vorjahr gekommen.
Unter dem Motto „Zukunftsarbeit – Für einen neuen Gesellschafts- und Geschlechtervertrag“ wollen die Veranstalter ihre Vorstellungen für das neue Jahrtausend diskutieren. Spätestens seit sich Jürgen Rüttgers als Minister hauptamtlich um das, wie er es gerne nennt, Ressort Zukunft kümmert, sind Zukunftsfragen bis in höchste Chefetagen en vogue. Technik, Wissenschaft und Standortsicherung werden großgeschrieben, soziale Fragen, Kultur und Bildung hingegen werden zum Luxus, heißt es im Geleitwort des Volksuniprogramms.
Der Zukunftsminister will „neu durchstarten“. Kurt Jakobs, einer der Geschäftsführer der Volksuni, hingegen meint: „Das macht Sinn nur für die, die im Wagen sitzen.“ Die MacherInnen der Volksuniversität halten nichts vom Durchwursteln mit den alten Mitteln und wollen, wenn schon keine Lösungen, so doch zumindest neue Wege und alternative Möglichkeiten aufzeigen. Eröffnet wird die diesjährige Universität mit einem Vortrag der Kölner Journalistin Mechthild Jansen zu „Notwendigen Voraussetzungen einer Zukunftsarbeit“. Professor Wolfgang Benz vom Zentrum für Antisemitismusforschung und seine Professorenkollegin Christina Thürmer-Rohr von der TU werden sich im Anschluß mit der Nazi-Diktatur auseinandersetzen. Die Arbeit des Erinnerns soll an jedem der drei Uni- Tage geleistet werden, weil der Weg in die Zukunft nur über eine stete Vergegenwärtigung der Vergangenheit führen kann.
Die Gegenwart wurde darüber nicht vergessen. „Wir haben die Augen aufgemacht und uns umgeschaut in der Stadt“, sagt Pressesprecher Francois Guesnet. Dabei herausgekommen sind beispielsweise Veranstaltungen zur Rave- und Technokultur.
Darüber hinaus wird die gesamte Region Berlin-Brandenburg stärker als zuvor ins Blickfeld rücken, angefangen von den Veränderungen im Berliner Straßenhandel seit der Wende, über Fragen der Verkehrspolitik, bis hin zu den Folgen der Fusion von Berlin und Brandenburg. Neben den „alten“ Ressorts wie Gewerkschaften und Arbeit, Frauen, Ökologie, Internationalismus sowie Kultur, Ideologie und Lebensweise wurde das Ressort MigrantInnen neu eingerichtet.
Die meisten ZuhörerInnen erwarten die Veranstalter, wenn am Samstag Gregor Gysi und Jürgen Trittin über Sozialismus, Ökologie und Liberalität streiten wollen. Holger Heimann
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