Verdächtige Sympathie

■ betr.: „Wallraff gegen Orientali stin“, taz vom 6./7.5.95, Leserin nenbrief: „Genauer hinsehen und differenzieren“ von Swaantje Bar rett, taz vom 15.5.95

Die Tatsache, daß Aktionen der Fundamentalisten wie Bücherverbrennung und schließlich die Fatwa Chomeinis durch die Vereinnahmung aller Moslems als potentielle Mörder das Bild des Islam verzerrten und beleidigten, verbietet Formulierungen, wie sie Annemarie Schimmel gebrauchte. Die Verknüpfung von Ablehnung des Mordaufrufs mit Verständnis für die beleidigten Gläubigen durch das Bindewort „aber“ stellt sprachlich eine eindeutige Relativierung der vorhergehenden Aussage zur Fatwa dar. Auch die Formulierung, man könne eine Beleidigung Mohammeds nicht „hinnehmen“, signalisiert in diesem Kontext verdächtig viel Sympathie für radikale Reaktionen. Frau Schimmel hat ihre Vorwürfe zudem niemals inhaltlich begründet und Sympathie für gekränkte Nichtleser bekundet.

Es sind aber gerade der Mordaufruf und seine Begleiterscheinungen, die eine inhaltliche Diskussion dieses Buches zwischen islamischen Befürwortern der „Satanischen Verse“, wie zum Beispiel Sadik Al-Azm abwägenden wie Edward Said und ablehnenden Gläubigen gezielt verhindern, eine Diskussion, die einer großen Weltreligion als Reaktion allein angemessen wäre. Es ist von der toleranten Muslimin Annemarie Schimmel schon zu verlangen, in dieser Weise zu differenzieren. Isabel Kocsis, Düsseldorf