VW verkündet erreichte Viertel-Wende

■ Auf der Hauptversammlung gibt VW-Chef Piech magere Zuwächse bekannt

Hamburg (dpa/taz) – Auf der VW-Hauptversammlung in Hamburg bedachten gestern 3.000 Aktionäre die Rede des Vorstandsvorsitzenden Ferdinand Piech mit kräftigem Beifall. Piech, der nach den Milliardenverlusten des Jahres 1993 im letzten Jahr wieder die Gewinnzone erreichen konnte, mußte allerdings die Erwartungen der Aktionäre dämpfen. So hat der VW-Konzern in den ersten fünf Monaten 1995 seine Auslieferungen im Vergleich zur entsprechenden Vorjahreszeit nur um 1,2 Prozent gesteigert. „Damit liegen die Auslieferungen bisher unter unseren Zielsetzungen“, räumte der VW-Chef ein. In Deutschland verzeichnete er ein Minus von 0,6 Prozent und in Nordamerika um ein Drittel. Die Region Asien/Pazifik erreichte demgegenüber ein Wachstum von fast 40 Prozent. Für die nächsten Monate rechnet Piech mit einer Stagnation oder allenfalls langsamen Zunahme der Automobilnachfrage. Erst für das Jahr 1996 könne man aber von einer etwas besseren Automobilnachfrage ausgehen. Piech stellte den Volkswagenkonzern weiterhin als „am Beginn eines Veränderungsprozesses“ dar. Im Jahre 1994, in dem VW einen Gewinn von 165 Millionen erzielt hat, sei man bei der Ergebnisverbesserung zwar einen guten Schritt vorangekommen. Um langfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns zu sichern, reichten die erzielten Ergebnisse aber noch nicht aus. Bis zum Ziel „Volkswagen – die Erfolgreichsten“ habe der Konzern noch drei Viertel des Weges vor sich. Piech versprach weiter Produktivitätsfortschritte durch den „kontinuierlichen Verbesserungprozeß hoch zwei“. In den ersten drei Monaten dieses Jahres hat der Konzern seine Belegschaft um 4.600 MitarbeiterInnen, also etwa um zwei Prozent, reduziert.

Nach Ansicht des VW-Aufsichtsrats hat Ex-VW-Vorstand und Chef der spanischen Marke Seat, Juan Antonio Diaz Alvarez, seine Pflichten verletzt und sollte deshalb von der Hauptversammlung nicht entlastet werden. „Er hat seine Berichts- und Informationspflichten gegenüber dem Gesamtvorstand bei der Beschlußfassung über die Planung für das Jahr 1993 nicht erfüllt“, sagte VW-Aufsichtsratsvorsitzender Klaus Liesen vor der Hauptversammlung. Dies habe der Prüfungsbericht einer externen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ergeben, den der Vorstand nach den unerwartet hohen Seat-Verlusten im Jahr 1993 angefordert hatte.

Nach dem Bericht lagen die Ergebnisbeiträge von Seat um rund eine Milliarde DM niedriger als geplant. VW will allerdings von Diaz Alvarez keinen Schadensersatz. Ihm werde keine Treuepflichtverletzung, sondern eine nicht ordnungsgemäße Geschäftsführung vorgeworfen. ü.o.