Pomade mit Contenance

■ Im Waldau-Theater: Max Raabe und das Palast-Orchester verwandeln das Waldau-Theater in einen 20er Jahre-Tanzpalast

„Das nächste Lied ist lustig“, verkündet Max Raabe und verzieht keine Miene. Lakonie ist sein beliebtestes Stilmittel. Es funktioniert. Muß es auch. Denn einfach ist es nicht, im derb-rustikalen, wenig anheimelnden Dachboden des Packhaus-Theaters glamouröse Chanson-Atmosphäre aufkommen zu lassen. Max Raabes Smoking (und der seines Pianisten Christoph Israel) ist denn auch der entschieden schönste Fremdkörper im nicht ganz gefüllten Saal. Knappe Vorstellung und Aufforderung ans Publikum (“der Bürgermeister scheint ja nicht zu kommen“), die erste Reihe Mitte zu nutzen, wo sich dem Künstler am tiefsten in die Augen schauen läßt.

Schlager der 20er und 30er Jahre sind Max Raabes Domäne, Liebes Leid und Lust sein Thema. Friedrich Hollaender oder Otto Reuter zum Beispiel liefern Text und Musik und kleine Schauer der Befriedigung. Ob der geschmeidigen Reime nämlich und dem Mut zu einer Trivialität, die Patina angesetzt und sich stellenweise schon in Poesie verwandelt hat. Ohne im geringsten verquast zu sein. Und nichts mit dem Reim-dich-oder-ich-freß-dich-Herz/Schmerz aktuellen Schlager-Gutes zu tun hat. Raabe formt lustvoll jeden Vokal, seine Stimme schwingt sich in höchste Höhen und taucht in erstaunliche Tiefen – immer extrem kontrolliert. Professionelle Contenance könnte man das nennen, was so einer wie Raabe besitzt, der aufs schlagermäßige Rumhampeln und Instant-Inbrunst verzichtet. „Die Herzen der stolzesten Frauen bricht“ er ironisch und doch mit Verve und seidenweichem Timbre.

Offenbar besteht Bedarf für die authentische Wiederbelebung rundum gelungener Arrangements: Max Raabe ist bundesweit angesagt und hoch gehandelt. Auslöser war nicht zuletzt die Eröffnungssequenz des Sönke Wortmann-Erfolgsfilms „Der bewegte Mann“. Da glitt die Kamera ausgiebig über den jungen, aalglatten 90er Jahre-Charmeur mit dem altmodischen Gesicht.

Der Rezensent beschied sich mit der Schmalspur-Version mit Piano. Doch der wahre nostalgische Tanzpalast-Sound wird erst aufkommen, wenn Max Raabe von seinem 12-köpfigen Palast-Orchester begleitet wird, wie bei seinen zwei Auftritten im Waldau-Theater. „Kein Schwein ruft mich an“ heißt es dann auch, wenn Raabe sich – stilecht – selbst ans Komponieren macht. Den Mann sollte man anrufen und beglückwünschen.

Alexander Musik

3. u. 4. 19.00, Waldau-Theater