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Vorschlag

■ Musica Vitale: Weihen für die Weltmusik von nebenan

Bei den „Heimatklängen“ werden Musiker aus aller Welt eingeflogen, um exotische Musik nach Berlin zu bringen. Bei „Musica Vitale“, dem Musikpreis der Kulturen in Berlin und Brandenburg, kalkuliert man die weltweiten Migrationsbewegungen schon ein: man muß nur in der Nachbarschaft anklopfen, um das Fremde zu finden. Mongolische Gesänge zu chinesischen und alpenländischen Zitherklängen, russische Dorfmusik, karibische Steeldrum-Rhythmen und traditioneller Voodoogesang aus Benin: all das wird in Berlin gespielt. Die meisten der Musiker – oft schon seit Jahren in Deutschland – sind Profis und können von ihrer Musik auch leben.

Um auf die Vielfalt der hier vertretenen Kulturen aufmerksam zu machen, hat die Werkstatt der Kulturen zusammen mit dem Institut für traditionelle Musik den mit 4000 Mark dotierten Preis Musica Vitale ausgeschrieben und Musikethnologen aus aller Welt in die Jury eingeladen. In den vergangenen Tagen wählte diese aus den vierzig Gruppen zehn aus, die heute ein öffentliches Wettbewerbskonzert geben werden. Die drei Preisträger präsentieren sich morgen dann noch einmal. Kriterium ist „nicht unbedingt kulturelle, sondern eher persönliche Authentizität“, so Andreas Freudenberg von der Werkstatt der Kulturen. Obwohl der Akzent auf traditioneller Musik liegt, sind viele der teilnehmenden Bands seit langem unterwegs zur urban music und zum Jazz. Musette-Musik aus Frankreich und vietnamesische Lieder hinsichtlich ihrer Qualität zu vergleichen ist schwierig genug. Wie sie aber zwischen Purismus und der Fusion mit westlichen Einflüssen ein Qualitätsurteil finden soll, ist auch der Jury noch nicht ganz klar. Marita Czepa, Sprecherin der Werkstatt, bezeichnet die Veranstaltung als eine Art musikethnologisches „Museum“, während für Freudenberg gerade die Auseinandersetzung zwischen traditioneller und westlicher Musik im Vordergrund steht: „Wie entwickelt sich Musik in einer Minderheitensituation, wie gestaltet sich der Import von einer Kultur in eine andere?“

Im Saal spielt gerade Fanick Marie-Verger vor, der Voodoo- Sänger aus Benin. Im Nomaden-Umhang und mit bunten Federn in den Haaren bearbeitet er einsam auf der Bühne sein Fingerklavier, seine Rassel und seine Assen (ein hölzernes Rhythmusinstrument). Das Publikum in der riesigen, sterilen Mehrzweckhalle besteht aus fünf distinguierten AkademikerInnen, die sich, von der Musik ungerührt, Notizen machen. Etwas verbissen ist die Konstruktion der ganzen Veranstaltung schon. Warum treten nur zehn der vierzig Bands öffentlich auf? Würde ein kleines Festival nicht allen Beteiligten mehr nützen als etwas Geld für wenige Bands? Was die Gruppen brauchen, ist wohl eher Publikum als akademische Weihen; wer den Preis gewinnt, ist doch letztlich zweitrangig. Die heute auftretenden Gruppen standen bei Redaktionsschluß noch nicht fest. Eine vermutlich ziemlich wilde Mischung verschiedenster Musikstile und Ansätze ist aber garantiert. Jörg Häntzschel

Wettbewerbskonzert, heute, 17 und 21 Uhr. Konzert der Preisträger, morgen, 19 Uhr, Werkstatt der Kulturen, Wissmannstraße 31-33, Neukölln.

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