Hühnerfüße für fünf Mark

■ Fauler Zauber zu flotten Klamotten: Der Breminale-Modenschau „Downtown New Orleans“ hätte mehr Mode und weniger Schau gut getan

Zumindest eins hat Modedesignerin Marlene Kranz, die ihre neueste Kreation namens „Downtown New Orleans“ am Donnerstag auf der Breminale vorstellte, mit dem durchschnittlichen Breminale-Besucher gemein. Was sie über Voodoo und New Orleans weiß, weiß sie aus dem Film „Angel Heart“: Männer schwitzen, Grillen zirpen, und Frauen sind die gefährlichste aller Versuchungen. Kein Wunder also, daß ausgerechnet jener Thriller für Okkultismus-TouristInnen tonlos über die Leinwand flimmerte, als im geräumigen aber nur mäßig gefüllten Kraftwerk-Zelt der faule Zauber seinen Lauf nahm. Denn diese Modenschau sollte mindestens ebenso viel Schau wie Mode zu bieten haben. Ein Moderator hatte sich deshalb mit Nagetiermaske und totemhaft geschmückten Zeremonienstab als Voodoo-Priester angetan und segnete erstmal ein paar Hühnerfußattrappen, die man sogleich für DM 5 kaufen konnte.

Hätte Marlene Kranz ihren Lieblingsfilm wirklich aufmerksam gesehen, hätte sie natürlich gewußt, daß abgetrennte Krallen ein eher böses als gutes Omen sind. Nicht nur war der Nippes nicht gerade ein Verkaufsschlager, auch geriet die Zauberschau des Mausemannes zum Fiasko. Unlustig wie ein Helge Schneider, der seine Sache ernst meint, wollte er dem Publikum mit rhetorisch ungelenkem Geschwafel weismachen, daß er Lahme gehend, Blinde sehend und Tote lebend machen könne. Die Lahme und die Blinde waren dabei offensichtlich ein und die selbe Person, während der Tote schon vor seiner Auferstehung tot geschminkt aber ansonsten sehr lebendig durchs Publikum irrte. Glauben sollte man die Show zwar sowieso nicht, aber wo genau die Verantwortlichen den Reiz vermuteten, blieb schleierhaft. Blieb der schwarzmagische Clown mal im Text hängen, stöhnte er einfach „Jaaa... jaaa...“ wie ein Orgasmusimitator beim Soundcheck.

Nach gehöriger Wartezeit, die durch den Auftritt des Bremer Glamour-Duos „Pearly Passion“ ein wenig versüßt wurde, zeigten sich dann zu vorgerückter Stunde endlich die Models auf der Bühne.

Locker fallend und figurbetont zugleich, geht der Trend in dieser Saison eindeutig zur Wahl zwischen viel Bein und keinem Bein. Röcke und Kleider fallen extrem mini aus, oder schleifen leger über den Boden. Halblanges gibt es kaum; wer sich dennoch nicht den ständigen Blick aufs ganze Bein zumuten mag, entscheidet sich für einen gewagten Schlitz im langen Kleid. Eine weitere Alternative wäre ein leichter Blouson mit verlängertem Rückenteil, das dem zu unrecht oft verpönten Konzept des Morgenmantels eine Nuance von Eleganz zurückzugeben verspricht. Die Anhängerinnen von Bonbonfarben werden wohl komplett umdenken müssen. Zwar liegt man mit einem wollüstigen Rot niemals falsch, ansonsten aber dominiert rosa und grüne Blässe, höchstens mal ein wenig Glitter für die ausgelasseneren Anlässe, und vor allem geht es, sehr retro, zurück in die 80er: Schwarz wird wieder salonfähig. Traurigkeit lassen die lebensbejahenden Schnitte trotz farblicher Tristesse nie aufkommen.

Die ausschließlich weiblichen Models, die dies vorführten, zeigten zusätzlich, wie man am kecksten über Brillenränder guckt und am neckischsten mit irgendwie ockulten Fackeln spielt. Zur Provokation traute man sich schonmal mit umgedrehten Kruzifix auf den Laufsteg, was natürlich gerade im Zusammenhang mit dem gewählten Thema Quatsch bis Blasphemie war. Schließlich hat der Voodoo- Kult seine Ursprünge im Katholizismus und huldigt größtenteils den selben Heiligen und Symbolen.

Andreas Neuenkirchen