Gerhardt verspricht den aufrechten FDP-Gang

■ Der (noch) stellvertretende Vorsitzende zeigt Armin von Stahl und seinen rechten Freunden verbal die kalte Schulter / Er hält den Lauschangriff aber für machbar

Frankfurt (ap)– Wenn es nach Wolfgang Gerhardt geht, wird der Parteitag sich Ende der Woche in Mainz nicht zur Frage des großen Lauschangriffs verhalten. In einem Zeitungsinterview sagte er „Ich werde den Parteitag bitten, uns einfach die Möglichkeit zu geben, den Sachverhalt noch einmal zu überprüfen. Wir haben ohnehin nur mit den Koalitionspartnern vereinbart, das Verbrechensbekämpfungsgesetz 1996 durchzusehen, auch die Instrumente, die wir bisher haben.“ In der vergangenen Legislaturperiode hatte die FDP verhindert, daß im Gesetz das Abhören von Wohnungen mit elektronischen Mitteln erlaubt wird. Mit dieser Äußerung stellte Gerhardt noch einmal seine konträre Position zu den linksliberalen ParteikollegInnen heraus. Deren Protagonistin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger hatte sich als Justizministerin vehement gegen den Lauschangriff eingesetzt. In der vergangenen Woche hatte sie auch in dieser Zeitung bekräftigt, von ihrem Standpunkt unter keinen Umständen abzurücken. Gerhardt hingegen gilt als Befürworter des Wanzeneinsatzes. Offensichtlich jedoch will Gerhardt eine Woche vor dem Mainzer Parteitag keine offenen Konflikte austragen. Sitzblockaden hält er für nicht akzeptabel, aber darüber dürfe es in der Partei zu keinem Streit kommen, sagte er. Sie seien keine „freiheitliche Äußerungen des Demonstrationsrechts“. Ob die Sitzblockaden als Ordnungswidrigkeit oder als Strafssache zu bewerten seien, „das überlasse ich polizeilichen Erwägungen“, sagte Gerhardt. Auch seinen Standpunkt zur doppelten Staatsbürgerschaft formulierte er deutlich. Sie solle die Ausnahme sein, sagte er und forderte die sogenannte „Kinderstaatsbürgerschaft“, die gelten soll für „Kinder, die hier geboren werden und deren einer Elternteil schon einen festen Aufenthaltsstatus hat“.

In seinen Grundsatzäußerungen vergaß Gerhardt es nicht, auch Position gegen rechts zu beziehen. Für den Fall seiner Wahl zum Parteivorsitzenden kündigte er an, Nationalliberale vom Schlage des früheren Generalbundesanwalt Armin von Stahl aus der Partei zu drängen. Er und sein Parteifreund Rainer Zitelmann wollten eine andere FDP. „Das ist mit mir nicht zu machen“, sagte Gerhardt. „Ich will sie überzeugen, die Partei freiwillig zu verlassen.“

Sollte Gerhardt am kommenden Wochenende zum neuen FDP-Chef gekürt werden, wird sich Cornelia Schmalz-Jakobsen um den Sessel der Stellvertreterin bewerben. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung sagte, sie verstehe ihre Kandidatur auch als „Antwort an jene, die der FDP eine Nische am rechten Rand empfehlen“.