Vor der Entscheidung

■ Bundestag stimmt vor Sommer über Bundeswehreinsatz in Exjugoslawien ab

Bonn (taz/dpa) – Voraussichtlich noch im Juni wird der Bundestag über den Einsatz deutscher Soldaten in Exjugoslawien abstimmen. Das Kabinett will nach Informationen von Nachrichtenagenturen schon am kommenden Dienstag darüber beraten, welche Bundeswehr-Einheiten in den kommenden Wochen entsandt werden sollen.

Angeboten hat die Bundesregierung der Nato Transportmaschinen vom Typ Transall, rund 600 Sanitätssoldaten und Tornado-Kampfflugzeuge, die mit einer speziellen Elektronik (ECR) ausgerüstet sind und serbische Flugabwehrstellungen bekämpfen sollen. Marineverbände sollen offensichtlich zunächst nicht in die Adria geschickt werden.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen Jahr muß der Bundestag jedem Auslandseinsatz der Bundeswehr ausdrücklich zustimmen. Da die letzte reguläre Sitzungswoche des Bundestags am 30. Juni endet, müßte eine Sondersitzung anberaumt werden, falls bis zu diesem Datum noch nichts entschieden wäre. Die Stimmen der Koalition aus Union und FDP alleine würden ausreichen, um den Einsatz abzusegnen, aber wegen der Brisanz der Entscheidung ist die Bundesregierung an einer breiteren Mehrheit interessiert. Während in der SPD-Fraktion wohl nur eine Minderheit den Regierungsvorschlag ablehnen wird, haben sich bislang nur wenige bündnisgrüne Abgeordnete öffentlich für einen Einsatz deutscher Tornados ausgesprochen. Am Samstag hatten die Nato- und EU-Verteidigungsminister in Paris die Bildung einer 7.000 bis 9.000 Mann starken Schnellen Eingreiftruppe zum Schutz der 22.000 UN-Soldaten in Bosnien beschlossen.

Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) hatte in Paris Unterstützung zugesagt, zugleich aber erklärt, daß Deutschland keine Bodentruppen nach Bosnien entsenden werde. Die Bundeswehrsoldaten sollen schon vier Wochen nach den Beschlüssen des Kabinetts und des Bundestags einsatzbereit sein. Auf französische Bitten soll die Bundeswehr zusammen mit französischen Soldaten in Kroatien ein Feldlazarett für die geplante französisch-britische Eingreiftruppe aufbauen. Die deutschen Sanitätseinheiten sollen über Handfeuerwaffen, aber nicht über schweres militärisches Gerät verfügen.

Das gesamte Kontingent von rund 2.000 Bundeswehrsoldaten, das die Bundesregierung im Februar auf Anfrage der Nato für einen möglichen Einsatz in Exjugoslawien genannt hatte, werde nur bei einem Abzug der UN-Einheiten abkommandiert, hieß es gestern in Bonn.

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Karsten Voigt, sagte gestern, er rechne nicht mit einem einheitlichen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion. Der Dissens beziehe sich aber nur auf militärische Details: „Vom Prinzip her kann es dafür nur ein Ja geben.“ mon