Mittelmaß in CinemaScope

■ Neu im Kino: „Die Mediocren“

Sie sind mittelmäßig, wissen aber immerhin das lateinische Fremdwort dafür! Vier deutsche Mitglieder der inzwischen schon fast wieder aus der Mode gekommenen Generation X beweisen in dieser „neo-romantic-fast-food-comedy“, wie unattraktiv und langweilig man in Küchen, Betten, Autos und am Telefon vor sich hinleben kann. Leo, Robin, Jost und Anna reden pausenlos in diesem Film – immer bemüht originell, immer leicht blasiert und altklug. Der Regisseur und Drehbuchautor Matthias Glasner ist so verliebt in seine Formulierungen, daß er den Film ohne Rücksicht auf Verluste mit ihnen vollgestopft hat. Daß die vier Protagonisten dadurch zu aufdringlichen Sabbelköpfen werden, scheint ihn wenig zu scheren. Glasner hat auch sonst ein seltsames Verhältnis zu seinen Filmfiguren: Alle schlurfen sie so durchschnittlich und blaß durch den Film, daß man die Schauspieler bald vor dem lieblosen Blick des Regisseurs in Schutz nehmen will. So penetrant, wehleidig und humorlos können sie doch gar nicht sein. Selbst Dani LevY, der inzwischen in jedem zweiten deutschen Spielfilm mitzuspielen scheint, und der dabei bewiesen hat, daß die Kamera ihn mag, selbst dieser alte Hase hat gegen Glasners Stil der rigorosen Freudlosigkeit keine Chance.

Dabei versucht der Regisseur auf einer anderen Ebene mit großer Anstrengung das alte Dilemma zu knacken, wie man das Langweilige zeigt, ohne selber langweilig zu sein. So experimentiert er ständig mit der Kamera herum – mal mit einer langen Kreisfahrt um den Küchentisch herum, mal mit der extremen Nahaufnahme eines Auges, in dem sich die Bilder eines Fernsehers spiegeln. Außerdem wurde der Film in Kapitel eingeteilt, die mit langen Zwischentexten eingeblendet werden, und am Schluß gibt es noch einen aufgesetzten Knalleffekt mit viel Leukoplast und Theaterdonner. Keiner von diesen Tricks funktioniert wirklich – stattdessen wirkt der Film durch sie nur überinstrumentiert und angeberisch.

Glasner versucht sich hier an einem Generationsportrait im Stil von entsprechenden amerikanischen Produktionen. Aber während dort „Reality Bites“ noch ein halbwegs treffender Titel war, paßt auf diesen Nachzügler des Trends eher das Urteil „Reality Bores“.

Wilfried Hippen

im Filmstudio