: Make-up für Berliner Pickel
■ Das Topmodel, der Bürgermeister und das Kreuz mit der Schönheit
Eberhard Diepgen ist es nicht. Berlin ist es auch nicht. Aber das magere Topmodel Nadja Auermann soll es sein: schön. Deshalb wurde sie gestern im Roten Rathaus zur Beauty-Botschafterin ernannt. Neun Monate soll das Topmodel bei der „gesamten Beauty- Welt“ für die internationale Schönheitsmesse „ProBeauty“ auf Werbefang gehen. So lange muß sie die Schönheitsbotschaft verkünden, bis Ende März nächsten Jahres im ICC und den Messehallen unter dem Funkturm die erste Weltmesse stattfindet, die „alle Bereiche der Schönheit und der Gesundheit unter ein Dach bringt“. Trotz ständigem Metropolengeschwafel: Berlin hat es eben nötig.
Um dem schönen Anlaß auch einen schönen Rahmen zu verleihen, ging die gestrige Ernennung des Topmodels im Roten Rathaus über die Bühne. Nicht nach Schönheit, sondern nach Wichtigkeit wurden die Redner ausgewählt. So eröffnete der Regierende Bürgermeister die Auftaktveranstaltung. Daß von der Messeschminke auch etwas Make-up für Berlin abbröckeln wird, daran ließ er keinen Zweifel. „Die großen Metropolen der Welt müssen jetzt strategische Allianzen bilden, um den globalen Herausforderungen, die sich Berlin stellt, entgegenzutreten“, fabulierte er im taubenblauen Anzug dem Nichtereignis eine historische Dimension zu.
Während Diepgen Berlin als das „Tor zum Osten“ und die Berliner als „neugierige Menschen“ pries, war Nadja Auermann mit ihren wadenlosen langen Beinchen damit beschäftigt, das Gleichgewicht auf den Pfennigabsätzen à la Hochhaus zu halten. Das Model, das eigentlich das picklige Hauptstadtimage aufpolieren soll, sah aus, als sollte ihre Geburtsstadt zu Grabe getragen werden: im trauerschwarzen Chanel-Kleidchen stand die auf blaß geschminkte 23jährige neben dem Rednerpult, als wäre es ein Grab.
Erst als sie für die Fotografen und Kamerateams freigegeben wurde, erwachte sie. Auf Zuruf „Nadja, hier spielt die Musik“ drehte sie sich nach rechts, auch dem Flehen eines Fotografen „Nadja, kommst du noch mal?“ schenkte sie Gehör. Bei dem Run auf das beste Bild übertrafen sich die Fotografen an Originalität. Mit Erfolg. Nadja blinzelte auch in die Kamera, „in der ein Film drin ist“. Barbara Bollwahn
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen