Nachschlag

■ Tanz im Cyberspace – Cesc Gelabert im Hebbel Theater

Figuren, als seien sie direkt einem Film von Almodóvar entsprungen. Kein Zweifel, der Choreograph Cesc Gelabert ist Spanier. Zur Zeit gastiert er im Rahmen der „Festa Catalana“ mit seiner Companiya de Dansa im Hebbel Theater. Gelaberts Solo „Muriels Variationen“ und das Gruppenstück „Armand Dust“ mischen schwarze Messe und Science-fiction, Mode und mittelalterliche Mystik. In „Muriels Variationen“ steht Cesc Gelabert als Frau auf der Bühne, angetan mit langhaariger, schwarzer Perücke, einem scheußlich- schicken T-Shirt und schwarzen Wollstrümpfen, irgendwo zwischen Netzstrumpf und der Beinkleidung mittelalterlicher Recken. Sind die Partygänger von heute die Mystiker von vorgestern? Gelaberts Muriel ist keine Figur, sondern eine wandelnde Metamorphose. Ihr Körper ist nur einem geweiht: Der unaufhörlichen Suche nach Zuständen der Entrückung. Gelabert tanzt die harten Disco-Tänze, die Träume der Diven, Transvestiten und Femmes fatales. Das ist keine platte Show, sondern ein ironischer Blick auf die heutige Medienwelt: der Mensch, der sich selbst entwirft und sich so auf den Weg zu seiner eigentlichen „Natur“ begibt. Wer sich den Versprechungen der Werbung hingibt, vollzieht die dialektische Wende: Die Mode beziehungsweise der eigene Körper als Religion bringt ebenso hirnlose wie unschuldig reine Geschöpfe [Regenwürmer, Engerlinge?? d. säzzer] hervor, deren Night-Life zur Unio mystica wird. Am Ende seines Solos zieht Cesc Gelabert die Perücke vom Kopf, und man weiß nicht so recht: Ist hier ein Ritter aus vergangenen Jahrhunderten unterwegs oder ein Android? Der Mensch eine Maschine, und das schon immer?

„Armand Dust“, der zweite Teil des Abends, wird dank der hervorragenden Lichtregie von Andreas Fuchs zum Tanz im Cyberspace. Die Tänzer werden geradezu hineingebeamt in die vielschichtigen optischen Räume. Zwei Tänzerinnen und zwei Tänzer unterwegs ins Jahr 3000. Sie zeichnen geometrische Figuren in den Raum, spüren der Selbstverliebtheit in all ihren Facetten nach und hüllen am Ende ihre Oberkörper in durchsichtige Plastikfolien – nicht in vulgäres Plastik, sondern in den Stoff, aus dem Kondome sind. Die richtige Ausstattung, um weihevoll der zukünftigen Erleuchtung entgegenzutanzen. Michaela Schlagenwerth

Im Rahmen der „Festa Catalana“ wird heute und morgen im Podewil die „Tanzszene Katalonien“ mit Javier de Frutos und La Sota de Bastos eröffnet, jeweils 20 Uhr, Klosterstr. 68-70, Mitte