Hertha BSC begnadigt

■ In zweiter Instanz erhielt der Verein doch noch die Profilizenz / Punktabzug für die nächste Zweitligasaison

Berlins Fußballfreunde können aufatmen. Am 22. Mai war dem Berliner Zweitligisten wegen Verstößen gegen die Auflagen für die laufende Saison die Lizenz entzogen worden. Die lokale Prominenz zeigte sich in der Folgezeit ob dieser Entscheidung äußerst betroffen. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen sah sich gar bemüßigt, DFB-Präsident Egidius Braun einen Bittbrief zukommen zu lassen, in dem er sich für die alte Fußball-Skandalnudel Hertha BSC in die Bresche warf. Eine deutsche Hauptstadt ohne Profifußball, das schien die Horror- und Schreckensvision schlechthin zu sein.

In zweiter Instanz entschied sich der Ligaausschuß des DFB nun dafür, Milde walten zu lassen. Gestern gab der Ausschuß bekannt, daß der Lizenzentzug zurückgenommen wird. Statt dessen muß Hertha 250.000 Mark Geldstrafe berappen und bekommt für die kommende Saison drei Punkte abgezogen. Nach der ab der kommenden Saison geltenden neuen Punkteregelung entspricht dies genau einem Sieg.

Wie auch in den letzten Jahren hat es Hertha BSC wohl der ruhmreichen Vergangenheit zu verdanken, daß der DFB dem Verein nicht die rote Karte zeigt. „Diese Bestrafung kann man durchaus als Durchgreifen interpretieren“, so DFB-Pressesprecher Wolfgang Niersbach gegenüber der taz. Keinesfalls habe der große Name bei der Entscheidung eine Rolle gespielt.

Tatsache ist allerdings, daß die Ufa Film- und Fernseh-GmbH nicht nur Vermarktungspartner von Hertha BSC ist (und viel Geld im Hinblick auf künftige Gewinne in den Club gesteckt hat), sondern auch Partner des DFB. Niersbach will hierin jedoch keinen Zusammenhang sehen. Auch Hertha-Manager Wolfgang Levin weist eine Einflußnahme der Ufa weit von sich: „Ich gehe davon aus, daß unsere Argumente, mit denen wir Beschwerde gegen den Lizenzentzug erhoben haben, die Mitglieder des Ligaausschusses überzeugt haben.“ Nun soll der Plan der Hertha-Führung weiterverfolgt werden, den Club innerhalb von drei Jahren in die erste Bundesliga zu führen.

Levin gibt sich überzeugt, daß Hertha BSC zum letzten Mal solche Schwierigkeiten mit der Lizenzerteilung gehabt haben wird. Eine Beteuerung, die jede Saison mit derselben Sicherheit geäußert wird, mit der im folgenden Lizenzierungsverfahren wieder um die Lizenz gebangt werden muß. Zumindest Briefeschreiber Diepgen kann zufrieden mit der Entscheidung des DFB-Ligaausschusses sein: Der Hauptstadt bleibt der Profifußballverein erhalten, den sie verdient. Andreas Pfahlsberger