Comeback für Brunsbüttel

■ AKW nach dreijähriger Pause wieder ans Netz / Risse notdürftig geflickt

Hamburg (taz) – Die Zwangspause für den Atommeiler Brunsbüttel ist vorbei. In diesen Tagen werden die Kraftwerksbetreiber nach eigenem Bekunden die letzte von der Aufsichtsbehörde geforderte Sicherheitsnachbesserung abschließen. Der schleswig-holsteinische Energieminister Klaus Möller sieht daher „zur Zeit keinen Grund, die Zustimmung zum Wiederanfahren zu versagen“. Der SPD-Politiker geht davon aus, daß der Reaktor noch im Juni, womöglich schon nächste Woche, wieder ans Netz geht.

Marion Lewandowski von der Initiative „Eltern für unbelastete Nahrung“ warf dem Kieler Minister eine „Kehrtwende in der eigenen Sicherheitsphilosophie“ vor. Gravierende Sicherheitsmängel seien nicht beseitigt, sondern nur mit „Flickschusterei“ notdürftig übertüncht worden.

Seit August 1992 mußte der Siedewasserreaktor eine Zwangspause einlegen, weil zahlreiche Risse in den Reaktorleitungen und Defekte an den Isolationsventilen entdeckt worden waren. Obwohl auch in den Vorstandsetagen der Brunsbüttel-Betreiberinnen PreussenElectra und Hamburgische Electricitätswerke (HEW) darüber diskutiert worden war, den maroden Strahlemann ganz zu Grabe zu tragen, entschloß man sich schließlich zur Reparatur. Rund 100 Millionen Mark dürften die insgesamt 160 „Änderungen“ und Reparaturen die Stromkonzerne gekostet haben, die Zahlungen für den benötigten Ersatzstrom aus halb Europa nicht mitgerechnet.

Da Möller nach eigener Einschätzung „den längsten Stillstand, den es je bei einem bundesdeutschen Kernkraftwerk gegeben hat“, nicht länger verzögern kann, bot er den Energieunternehmen gestern erneut an, doch lieber ein Kohlekraftwerk in Brunsbüttel zu bauen und den sanierten Altreaktor dafür abzustellen. Daß die HEW sich nach den gerade getätigten Millioneninvestitionen darauf einlassen werden, dürfte unwahrscheinlich sein. Marco Carini