Software-Handel ist perfekt

■ Die US-Firma Lotus steckt künftig unter dem großen Dach der IBM

Berlin (taz/AP) – Wie weiland auf dem Pferdemarkt in Pommern war es. Ein Angebot, zetern, feilschen: der Preis steigt und dann wird eingeschlagen. Sechs Tage wand sich das Management von Lotus, der drittgrößten Softwarefirma der Welt unter dem Übernahmebegehren der Nummer Eins der gesamten Computerbranche, der International Business Machines (IBM). Dann stimmten die Lotus-Vorstände unter Jim Manzi dem Verkauf zu.

60 Dollar bot der Riese aus New York anfangs pro Aktie. IBM- Chef Lou Gerstner verbreitete dazu starke Töne über das Internet: Lotus bliebe zwar ein eigenständiges Unternehmen. Doch die sechs Vorstände würden gefeuert und durch drei IBM-Manager ersetzt.

Daraufhin drohte Lotus-Chef Jim Manzi mit einer Klage gegen den Verkauf. Damit hätte er den Zusammenschluß erheblich hinauszögern und verteuern können. Am Sonntag abend schließlich einigten sich die Kontrahenten: Jim Manzi und seine Kollegen bleiben. Der bisherige Vorstands- und Aufsichtsratschef der Softwarefirma aus Cambridge in Massachussets wird sogar noch Vorstandsmitglied bei der zukünftigen Muttergesellschaft.

Auch für die Aktionäre mußte IBM ein sauberes Trinkgeld springen lassen. 64 Dollar kassieren sie nun für jeden Anteilsschein. Das ist mehr als das doppelte von dem, was ihre Aktien noch vor einer Woche wert waren. Stolze 3,52 Milliarden Dollar wird IBM in den nächsten Monaten überweisen, umgerechnet 4,9 Milliarden Mark. Mitleid ist jedoch fehl am Platz, der Computerriese zahlt das aus seiner Vorratskasse von 10,5 Milliarden Dollar.

Die heftig umworbene Firma Lotus wurde 1982 gegründet. Mit ihrem Programm „Lotus 1-2-3“ stürmte sie zeitweilig an die Spitze der Softwarebranche, wurde dann aber von dem Marketing-Genie Bill Gates und seiner Microsoft überrundet. Die Hauptattraktion des Unternehmens ist „Lotus Notes“, eine sogenannte „Umgebung“ für Netzwerke, Datenbanken und electronic mail, die auf vielen Computern funktioniert. Das Programmpaket kann an die Bedürfnisse der Nutzer maßgeschneidert werden und wird schon von vielen großen Unternehmen benutzt, denn die Konkurrenten können ein vergleichbares Produkt noch nicht anbieten.

„Wir haben Marketing-Kapazitäten in 140 Ländern rund um die Welt und wollen dieses Potential ,Notes‘ zur Verfügung stellen“, sagte Gerstner bei der Bekanntgabe des Übergabe-Angebots. Lotus alleine hätte ein solches Wachstum wohl nicht finanzieren können. rem