Wegner stürzt die Statt Partei

■ Wegner und Scheelhase treten aus der Fraktion aus / Folge: Kein Geld, keine Anträge, keine Ausschüsse, aber Regierungskrise Von Silke Mertins

„Die Fraktion hat keinen Bestand mehr.“ Der entmachtete Statt-Partei-Gründer Markus Wegner hat einen Entschluß gefaßt: Zusammen mit seinem Parteifreund Klaus Scheelhaase wird er die Bürgerschaftsfraktion der Statt Partei verlassen, die damit ihren Fraktionsstatus verliert. „Die Verfolgung gemeinsamer politischer Ziele ist nicht mehr möglich“, sagte Wegner gestern zur taz.

In einem Brief forderten er und der ihm treu ergebene Klaus Scheelhaase den Fraktionsvorsitzenden Achim Reichert auf, SPD-Bürgerschaftspräsidentin Ute Pape „über diese Situation und die damit verbundene Auflösung der Fraktion“ unverzüglich aufzuklären. Wegner und Scheelhaase wollen ihre Bürgerschaftsmandate behalten.

Der wahrscheinlich letzte Eklat in der Statt Partei folgte der montäglichen Fraktionssitzung, in der Wegner wegen seiner häufigen Alleingänge eine Abmahnung erteilt wurde (taz berichtete). Die eigens für Wegnersche Eskapaden im April eingeführten Ordnungsmaßnahmen ermöglichen „Mißbilligungen“. Wegner, der genau wie Scheelhaase diesen „Maulkorberlaß“ nicht akzepiert, hält deshalb eine weitere Zusammenarbeit für unmöglich: „Wenn das ihr Lebens-Elexier ist, meinetwegen, aber nicht mit uns“, räumte Wegner jeden Zweifel an der Auflösung der Statt-Partei-Fraktion aus.

Der Rest-Statt-Partei wäre es im Grunde recht, den Chef-Querulanten und seinen Busenfreund Scheelhaase endlich los zu sein, doch mit den jetzt verbleibenden fünf Mitgliedern verliert sie ihren Fraktionsstatus und damit ihre politische Handlungsfähigkeit. „Solange wir keine formalen Austrittserklärungen vorliegen haben, ist die Fraktion nicht gefährdet“, gab sich Pressesprecherin Christa Kochs bei taz-Redaktionsschluß noch betont ahnungslos. Die Austrittsbekundungen seien eine „Zündelei von Wegner“ und höchstens „Ausdruck seiner Befindlichkeit“.

Doch genau die wird Wegner nun wohl in der Opposition ausleben. Schuldgefühle quälen ihn dabei nicht. Es sei müßig, darüber zu diskutieren, so Wegner gestern abend, ob Scheelhaase und er oder die fünf anderen Abgeordneten die Fraktion verlassen hätten: „Das ist so eine Frage wie mit der Henne und dem Ei.“

Sobald der Austritt schriftlich vorliegt und die Bürgerschaftspräsidentin offiziell informiert ist, wird sich die Statt Partei wohl ein neues Büro mieten müssen; die Räume im Rathaus sind nämlich den Fraktionen vorbehalten. Auch die Parteikasse wird sich dann verdünnisieren, denn die Fraktionsgelder entfallen.

Für die Senats-Kooperation mit der SPD hat das beträchtliche Konsequenzen: Zwar hat das rot-graue Bündnis mit 58 SPDlern und fünf Fraktionslosen noch eine parlamentarische Mehrheit in der 121 Abgeordnete zählenden Bürgerschaft. Doch zu sagen hat die Handvoll Statt-Halter künftig gar nichts mehr: Fraktionslosen stehen nur noch fünf Minuten Redezeit in der gesamten Bürgerschaftsdebatte zu. In den Ausschüssen verlieren sie Sitz und Stimmrecht – und auch mit großen schriftlichen Anfragen ist es dann vorbei.

Damit wäre die Statt Partei wirklich anders als andere Parteien: nämlich macht- und bedeutungslos.