: Elende Sättel
■ Warum viele Frauen falsche Räder fahren
Viel mehr Frauen als Männer sitzen auf falschen Fahrrädern, hat die Fahrradwerkerin Algeth Weerts beobachtet. Woran das liegt? Zum Beispiel daran, daß viele Firmen Frauenräder nur in einer Rahmenhöhe anbieten. Folglich sitzen mittelgroße Frauen auf einem zu engen Rahmen, für kleine Frauen ist der Rahmen zu groß, große Frauen ab 1.80 müssen eh auf's Herrenrad. Dieses reduzierte Angebot wird noch verschärft durch Fahrradhändler, die sich mit der Beratung von Frauen keine rechte Mühe geben und der Kundin das erstbeste Fahrrad andrehen, weil sie das halt grad auf Lager haben.
Das Frauenteam im selbstverwalteten Fahrradladen des Werkhofs in der Neustadt will nun vier Aktionswochen mit extra ausführlicher Beratung anbieten. Motto: „Frauenräder statt Damenräder – Wir zeigen Ihnen den kleinen Unterschied“. Die Rad-Spezis geben auch Tips, wie nicht ganz passende Räder umgerüstet werden können. Zum Beispiel mit Vorbauten oder verstellbaren Bremsgriffen für kleine Hände.
Oder mit einem Frauensattel. Mittlerweile gibt es einige Frauensattel-Modelle – mit breitem Rand für die weiter auseinanderliegenden Sitzhöcker und einer Mulde für's Schambein – doch das letzte Wort scheint auch hier noch nicht gesprochen. Übrigens wird immer wieder zum Ledersattel geraten, der sich den Körperformen anpasse, doch Algeth Weerts würde sich keinen Ledersattel kaufen: „Ich brauche mit meinem Gewicht viel zu lange, um den weich zu sitzen.“ Alternative: Gelsattel.
Daß Frauen häufig auf falschen Rädern fahren, liege jedoch nicht nur an desinteressierten Herstellern und Händlern, sondern zum Teil auch an den Frauen selbst, sagt Algeth Weerts: „Wenn eine 70jährige ein Rad mit tiefem Einstieg haben will, kann ich das verstehen – aber wieso kriegen 26jährige ihre Füße nicht über einen Mixte- oder einen Anglais-Rahmen?“ Bei diesen beiden Rahmenformen liegt das obere Querrohr höher, sorgt also für mehr Stabilität. Selbst manche Frau, die eigentlich ein sicheres Fahrrad sucht, weil sie oft noch mit zwei Kindern gleichzeitig unterwegs ist, sucht sich, so die Beobachtung der Rad-Frauen, ausgerechnet das klassische Damenfahrrad aus: mit tiefem Einstieg, aber hoher Flatterneigung bei starker Beladung.
Auch bei der Sitzhaltung machen viele Frauen offenbar was falsch: „Sie meinen, sie müßten mit dem Hintern ganz weit hinten sitzen, am liebsten noch ein Stück über den Sattel hinaus, dabei ist das eigentlich unbequem.“ Algeth Weerts hat sich selbst auch erst beibringen müssen, das Becken etwas nach vorne zu rollen. Außerdem weitverbreitet unter Frauen der Wunsch, möglichst aufrecht sitzen zu wollen wegen Rückenproblemen. Dabei wird gerade in der aufrechten Haltung jeder Schlag direkt an die Wirbelsäule weitergegeben. cis
Aktionswochen im Fahrradladen des Werkhofs vom 17.6.-15.7. Di.-Fr. 10-13, 14.30-18 Uhr, Sa. 10-13 Uhr; Hohentorsheerstraße 160.
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