'Schüler sindMenschen'

■ Trend zum projektorientierten Unterricht: Infobörse zeigt Stand der Bremer „Schulbegleitforschung“

Schulreformen sind so alt wie die Schulen selbst. Der neueste Trend nach den großen Strukturdebatten der 70er und der großen Lähmung der 80er Jahre ist jetzt die Erkenntnis, daß Schule es mit vielen einzelnen und unterschiedlichen Personen, Fähigkeiten, Interessen und Bedürfnissen zu tun hat. Oder, wie die Referentin für Schulbegleitforschung beim Bildungssenator, Ingrid Kemnade, es formuliert: „Wir müssen die SchülerInnen wieder als Mensch in den Mittelpunkt stellen.“

Auf einer großen Informationsbörse haben gestern 160 LehrerInnen und 40 ProfessorInnen die Zwischenergebnisse aller 38 Forschungsprojekte ausgetauscht, die seit bald zwei Jahren an 65 Bremer und Bremerhavener Schulen durchgeführt werden. „Schulbegleitforschung ist in den 80er Jahren völlig unkoordiniert über private Kontakte zwischen LehrerInnen und den Hochschulen entstanden“, sagt Ingrid Kemnade, „inzwischen haben wir ein festes Koordinierungsgremium, das die Forschungsanträge prüft und entsprechende Befreiungen zwischen zwei und acht Wochenstunden für die beteiligten LehrerInnen beschließt.“ Bundesweit einmalig ist durch die gezielte Förderung im Land Bremen inzwischen ein Forschungsnetz entstanden, das alle Schultypen und -stufen erfaßt.

Zum Beispiel die Grundschulen. An drei von ihnen wird derzeit erprobt, welche Chancen jahrgangsübergreifende Lerngruppen bieten können. „Wir haben zum Beispiel festgestellt, daß die Erstklässler schneller lesen lernen, wenn sie mit älteren SchülerInnen in einer Gruppe zusammen sind. Die Älteren sind Vorbild und helfen den Jüngeren. Aber auch die Älteren profitieren davon, wenn sie ihr Wissen den Jüngeren weitergeben“, sagt Kemnade.

Das Zauberwort dafür heißt inzwischen nicht nur in diesem Beispiel „projektorientierter Unterricht“. Gelernt wird nicht mehr in streng getrennten „Fächern“, sondern an Themen, die über eine längere Zeit in Kooperation von LehrerInnen verschiedener Fächer gemeinsam erarbeitet werden.

„Ich und die Sonne“ heißt zum Beispiel ein Projekt der Gesamtschule Mitte (GSM). Vom Sonnenbrand bis zum Sonnenofen werden dabei persönliche Erfahrungen mit technischem und kulturellem Wissen verbunden. Am Schluß von Projekten steht meistens auch noch eine von SchülerInnen gestaltete Broschüre oder Ausstellung, die die Ergebnisse zusammenfaßt und als Vorbild für ähnliche Projekte an anderen Schulen dienen kann.

Die GSM verleiht ihre Ideen sogar in Form von „Unterrichtskisten“. Die enthalten nicht nur alle verwendeten schriftlichen Materialien zum Thema, sondern zum Beispiel auch einen kleinen Sonnenofen und alles Nötige zum Bau eines Frühbeets zum Testen der Sonnenwärme.

In vielen Schul-Projekten spielen inzwischen auch Computer eine wichtige Rolle. Selbst in der Grundschule sind sie nicht mehr tabu. „Kinder reagieren oft begeistert auf den Computer im Klassenzimmer“, heißt es in der Zwischenauswertung eines Forschungsprojekts zu diesem Thema, „geduldig erklären sie der Lehrerin, wie sie es machen muß.“ Ase

Das zweite Bremer „Forum Schulbegleitforschung“ ist heute von 9-13.00 Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich. Und zwar im Wissenschaftlichen Institut für Schulpraxis, Weidedamm 20, Halle Eingang B