Unterm Strich

Und gib uns unseren täglichen Christo: während man als braver Berliner immer wieder zum Reichstag hindackelt, um zu kucken, was die Verhüllung so macht, und es einfach nicht vorangeht mit der ganzen Sache, überall noch aufs schlampigste Stücke Reichstag rausschauen aus den Planen, das wunderbare Berliner Sommerwetter mal wieder schuld sein soll (tüüüpisch!) und so, verlegt sich die Tickermaschine in ihrer Not auf Nebenschauplätze, etwa hin zu den Gewerbekletterern Karsten Henze und Alf Neumann: „Nach dem umfangreichen Trainingsprogramm mit abschließender Prüfung hängen sie seit dem vergangenen Freitag in enger Tuchfühlung mit den silbergrauen Stoffbahnen aus Vetschau.“ Zu erfahren ist außerdem, daß die beiden bei der Spezialbaufirma Brand & Schluttig GmbH aus Cottbus angestellt sind, die u. a. schon den Steigschutz an einem der 300 Meter hohen Schornsteine im Kraftwerk Jänschwalde installiert haben.

Achtung Bilderstürmer und sonstige kulturelle Eingreiftruppen! Die Wissenschaft hat jetzt festgestellt, daß schlechte und langweilige Kinofilme bei den Zuschauern stärkere Aggressionen auslösen als Filme mit vielen Gewaltszenen. Die Umfrage, von einer Forschungsgruppe der Ruhr-Universität Bochum durchgeführt, war selbstredend repräsentativ und brachte folgende Einzelheiten zutage: 1. Während bei der Betrachtung qualitativ minderwertiger Werke der Ärgerpegel steigt, macht Gewalt „eher sprachlos“. 2. Psychoterror wird in Filmen nicht als Gewalt eingestuft, auch nicht im eigentlichen Sinne Atombombenexplosionen, „für die meisten Kinogänger fängt Gewalt erst dann an, wenn Blut fließt.“

Während der Stones-Kreuzzug Köln erreicht hat, geht auch der restliche, der angenehmere Festival- und Freiluftwahnsinn weiter: „Masala Weltbeat Pavillon“ heißt das Weltmusikfestival, das noch bis zum Sonntag Hannover begroovet, mit dabei u. a.: Radio Tareifa aus Spanien, Tarika aus Madagaskar, Virginia Mukwesha aus Zimbabwe. Parallel dazu gibt es unter dem Logo „Global Groove“ Seminare, wo Wissenswertes über World Music zu erlangen ist.

Das Ruhrgebiet hat derweil ein Diskussions-Thema: „Hören – eine vernachlässigte Kunst?“. Vom 29. bis zum 30. Juni werden sich vor allem Lehrer damit beschäftigen und fortbilden. Das ganze findet in den Flottmann-Hallen, Herne, statt. Dazu gibt es Statements, die in Sachen Akustik tief blicken lassen: „Wir haben uns in der Schallwirkungsforschung zu lange daran gewöhnt, uns als Opfer des Schalls zu betrachten – eine oftmals völlig einseitige Betrachtung der Situation“, äußert sich etwa ein Prof. Dr. August Schick in einem Vortrag „Lärm und seine Wirkungen auf Menschen“. Unsereiner Mutter sagte dagegen immer: „Wer nicht hören will, muß fühlen“ – die Gefühle kamen dann allerdings erst viel später.