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Tschernomyrdins Griff nach dem Zepter

■ Russischer Ministerpräsident stellt selbst die Vertrauensfrage

Moskau (AFP/rtr/taz) – Der russische Ministerpräsident Viktor Tschernomyrdin reagierte schnell: Einen Tag nach dem Mißtrauensvotum der Staatsduma stellte er selbst die Vertrauensfrage. Nach Angaben eines Jelzin-Beraters müssen die Abgeordneten innerhalb von zehn Tagen nun erneut abstimmen. Sollten sie das Mißtrauensvotum bekräftigen, wird Präsident Jelzin – so seine bisherigen Ankündigungen – das Parlament auflösen.

Mit diesem Vorgehen kam Tschernomyrdin einer zweiten Mißtrauensabstimmung der Duma zuvor. Diese hätte allerdings erst innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden müssen. Tschernomyrdin forderte, daß so schnell wie möglich Klarheit über die Stellung der Regierung erzielt werden solle. Nach den Bestimmungen der Verfassung hat Jelzin auch die Möglichkeit, bei einem Votum gegen die Regierung diese abzuberufen. Der Präsident hat sich in den letzten Tagen jedoch wiederholt hinter Tschernomyrdin gestellt. Bei einer Sitzung unter seiner Leitung sprach sich das gesamte Kabinett daür aus, die Vertrauensfrage zu stellen. Allerdings kündigte Jelzin an, aus dem Geiseldrama von Budjonnowsk personelle Konsequenzen zu ziehen. Über die Zukunft der verantwortlichen Minister – gemeint sind Verteidigungsminister Gratschow und Innenminister Jerin – werde der Sicherheitsrat entscheiden.

In der tschetschenischen Hauptstadt Grosny gingen auch gestern die Verhandlungen über eine Beendigung des Krieges weiter. Sowohl die russische als auch die tschetschenische Delegation sprachen von weitreichenden Fortschritten. Bereits am Mittwoch abend hatten sich die Delegationen auf die Entwaffnung der Tschetschenen und einen weitgehenden Rückzug der russischen Armee einigen können. Für diesen Rückzug gibt es bisher noch keinen Zeitplan, er soll erst nach einer Einigung über die politischen und wirtschaftlichen Fragen umgesetzt werden. Auch scheint es in beiden Gruppen Unstimmigkeiten zu geben. So drohte der russische Chefunterhändler Kulikow ohne vorherige Absprache mit Moskau mit dem Ende der Feuerpause, falls die Tschetschenen den Führer der Geiselnehmer nicht sofort auslieferten. In der tschetschenischen Delegation war nur ein Teil bereit, sich von terroristischen Aktionen zu distanzieren. Der Vertreter von Präsident Dudajew lehnte dies entschieden ab. her Seiten 8 und 10

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