Kommt: Supersenatorin Tine Wischer

■ SPD und CDU verständigen sich weitgehend auf Koalitionsvertrag und Ressortzuschnitte

Auf die bisherige SPD-Landesvorsitzende Tine Wischer kommt eine große Aufgabe zu: Sie soll als Senatorin für Frauen, Soziales, Gesundheit und Umwelt das größte Ressort übernehmen. Uwe Beckmeyer zieht mit dem gesamten Häfenressort samt aller anhängender Ämter in seinen Herkunftsort Bremerhaven um und bekommt das Arbeitsressort noch dazu. Für die CDU bleiben die Ressorts Finanzen, Wirtschaft und Verkehr, Inneres sowie Bau und Stadtentwicklung. Mit dieser Aufteilung kamen die Verhandlungsdelegationen gestern von ihrer Klausur in Etelsen zurück (siehe Kasten rechts).

Während es bei diesen Ressortzuschnitten allerdings noch strittige Fragen gibt (siehe oben), haben sich SPD und CDU bei den Sachthemen auf den Text einer Koalitionsvereinbarung verständigt, der nur noch in einzelnen Formulierungen geglättet werden muß. Er enthält an manchen Punkten – wie zum Beispiel in der Frage eines Stadtwerkeverkaufs über 49,8 Prozent hinaus – allerdings auch einfach eine Darstellung der gegensätzlichen Auffassungen von CDU und SPD.

Scherf und Nölle benannten gestern abend aus ihrer Sicht die wesentlichen Punkte des Koalitionsvertrags: Die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften Gewoba, Bremische und Stäwog (Bremerhaven) werden nicht verkauft. Wohl aber soll die Gewoba die Stäwog kaufen und dann in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. 49 Prozent der Gewoba sollen an der Börse gehandelt werden, die MieterInnen bekommen jedoch ein Vorkaufsrecht an den Aktien. Dieses Modell sei bereits in Frankfurt erprobt, versicherten Scherf und Nölle.

Mindestens eine der drei Justizvollzugsanstalten wird aufgegeben. Die Zuschüsse für Privatschulen werden nicht gekürzt, Bremen bekommt ein Wirtschaftsgymnasium. An welchem der bestehenden SEK-II-Zentren es eingerichtet werden soll, ist noch offen.

Finanzsenator Nölle soll in jedem Jahr über ein 100-Millionen-Programm zur Sanierung öffentlicher Gebäude verfügen. Im Kulturbereich sollen die bestehenden Einrichtungen enger kooperieren und zum Teil zusammengelegt werden. Das Krankenhaus St.-Jürgen-Straße bekommt eine privat finanzierte zentrale OP. Dafür wird der bisherige Eigenbetrieb für eine Teilprivatisierung geöffnet.

Das bereits beschlossene Kindergärten-Ausbauprogramm soll umgesetzt werden, allerdings mit stärkerer Beteiligung von freien Trägern und – billigen – privaten Eltern-Kind-Initiativen. Bei den 0-3jährigen wird die Förderungssumme eingefroren. Die Kindergartengebühren sollen im Rahmen eines Städtevergleichs angehoben werden.

Für 270 Millionen Mark will die Koalition Straßen und ÖPNV ausbauen. Ganz oben auf der Prioritätenliste stehen dabei die A281 zwischen Güterverkehrszentrum und A1 und die Hafendrandstraße. Für den Hemelinger Tunnel, die Georg-Bitter-Trasse und die Martinistraßen-Untertunnelung wurde lediglich ein Beginn der Planung vereinbart. Die CDU ist von ihrer Forderung nach einer Verlängerung der Straßenbahnlinie 6 nach Lilienthal abgerückt. Stattdessen soll – wie von der SPD gefordert – die Linie 4 neu entstehen. Vereinbart wurde zunächst der Neubau bis zum Leher Kreisel, allerdings ohne einen Zurückbau der Schwachhauser Heerstraße auf zwei Autofahrspuren.

Das Gewerbeflächenprogramm der Ampelkoalition soll voll – einschließlich der Hemelinger Marsch – umgesetzt werden. Im Umweltbereich bleiben die bestehenden Gesetze unangetastet. Neue Umweltabgaben soll es jedoch nicht geben. Für die Bremer Werften fordern beide Koalitionäre vom Vulkan-Verbund ein Konzept zur Sicherung des Standorts und der Arbeitsplätze. Liegt das vor, soll Bremen dafür Investitionshilfen zahlen, soweit dies von der EU zugelassen wird.

Im Öffentlichen Dienst soll jedes Jahr im Umfang von 500 Stellen eingespart werden. Mit ÖTV, GEW, GdP und DGB seien bereits Verhandlungen über Arbeitszeitreduzierungen und andere Gehalts-Sparmaßnahmen vereinbart, sagte Scherf. Alle Barsubventionen an freie Träger sollen pauschal um zehn Prozent gekürzt werden. 80 Millionen Mark will die Koalition damit pro Jahr einsparen. Kommunale und Landesgebühren sollen – mit Ausnahme des Kindergartenbereichs – so weit erhöht werden, bis sie zu einer 20prozentigen Kostenbeteiligung führen.

Heute nachmittag sollen die Koalitionsverhandlungen zum Abschluß gebracht werden. „Ich gehe davon aus, daß wir bis dahin zu Potte kommen“, meinte Scherf und Nölle nickte. Ase