„Ausbauen oder dichtmachen“

■ Die Hochschule für Künste sieht sich in Existenznot geraten: Laut SKP gibt es viereinhalb Stellen zuviel – wenn die gestrichen werden, drohen einige Fächer komplett auszufallen

Design verkauft sich gut. Der Wirtschaftssenator ahnt es schon lange und läßt das Geld zu Hunderttausenden in diverse Design-Symposien und -Förderprogramme pumpen. Und tatsächlich wächst die Aufmerksamkeit der Wirtschaft für das Thema; tatsächlich machen sich mehr und mehr Firmen Gedanken über gute Formgebung und gute Verpackung. Nur der kreative Nachwuchs, der die gute Verpackung gestalten müßte – der wird kurzgehalten: Das Fach „3-D-Design“ ist an der Bremer Kunsthochschule (HfK) seit Januar nicht besetzt. Andere zukunftsträchtige Fächer werden in Kürze folgen. Grund: die aktuellen Sparauflagen der SKP (Senatskommission für das Personalwesen). Die hat nämlich 4,4 Stellen „zuviel“ an der HfK errechnet. Nun wird jede irgendwie freiwerdende Stelle nicht wieder besetzt, bis das „zuviel“ abgebaut ist. Bei einer Hochschule, die ohnedies in vielen Fächern auf Schmalspur läuft, ist das schlicht „tödlich“, sagt Konrektor Dieter Peppel: Weil viele Fächer nur von einem Professor gelehrt werden, fallen dem Stellenabbau – siehe 3-D-Design – gleich ganze Ausbildungsbereiche zum Opfer.

Neue Medien, Experimentalfilm, Jazz und Pop: Die Fächer, die es als nächstes trifft, sind für die Hochschule schon abzusehen. Da überlegen sich nicht nur die Lehrenden, sondern auch die Studierenden, ob die Bremer Hochschule überhaupt interessant für sie ist: „Wir sind in diesem Zustand einfach nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber den anderen Kunsthochschulen“, sagt Direktor Jürgen Waller. In Hannover, Braunschweig, Hamburg seien Fächer wie 3-D-Design sieben- und achtfach besetzt. In Bremen arbeitete vor allem Günther Wehmann auf diesem Gebiet, bis er am Jahresanfang in Pension ging. Neu besetzen läßt sich die Professorenstelle nicht – weil es gar keine ist: Wehmann war im Stellenplan, wie so viele, als „Lehrer für besondere Aufgaben“ deklariert. Um künftig einen namhaften Design-Professor auf die vakante Stelle holen zu können, müßte die Stelle also erstmal auf professorales C-3-Niveau angehoben werden. Das aber steht nicht zur Diskussion, solange die 4,4 Stellen – die Hochschule rechnet sogar mit 7,4 Stellen in diesem Jahr – nicht eingespart sind.

Nun will die Hochschule in die Offensive gehen. „Entweder ausbauen oder dichtmachen“, fordert Waller. Dabei schielt man auf die tätige Mithilfe des neuen Bildungsressorts. Denn mit dem hatte die Hochschule z.B. den Ausbau des Fachbereichs Musik erst im vergangenen Jahr abgemacht – nun aber werden Pop und Jazz gestrichen. Auf die politische Verantwortung des Bildungssenators verweist auch die SKP. Man sei schließlich nur für das „Einhalten der globalen Rahmenrichtlinien zuständig“, sagt Amtsleiter Dopatka. „Wenn die Bildungsbehörde sagt, wir wollen an der HfK mehr Stellen haben, dafür an der Uni weniger, dann ist das für uns in Ordnung“. Von der Bildungsbehörde aber sind in Zeiten des Amtswechsels politische Absichtserklärungen dieser Sorte nicht zu vernehmen. Rainer Köttgen, Abteilungsleiter für die Wissenschaft, will die Sparzahlen noch nicht als definitiv ansehen: „Darüber haben wir mit der SKP noch keine Einigkeit erzielt“.

Bis dahin werden Fakten geschaffen, werden ein paar Stellen abgewickelt und nicht wieder besetzt. „Seit Jahren wird mit dem Senator über den Ausbau der Hochschule geredet“, sagt HfK-Kanzler Güse, da erwarte die HfK deutlich mehr Unterstützung, wenn es um zentrale Lehrstellen geht. Schließlich seien die letzten Neueinstellungen und Wiederbesetzungen, wie die Dirigentenstelle für Martin Fischer-Dieskau, „mit Einverständnis aller Beteiligten“, auch der Bildungsbehörde, vorgenommen worden. Diese jetzt als „zuviel“ zu rechnen, erscheint der Hochschulleitung doch als etwas absurd.

Auch die Idee, durch eine Konzentration auf wenige Schwerpunktfächer Stellen zu sparen, sei der Hochschule schon angetragen worden. „Aber was wollen Sie da aufgeben?“ fragt Peppel. Die Professur fürs Dirigieren? Die für Komposition? Oder die neue Stelle für Neue Musik? Alles Kenntnisse, sagt Peppel, die die Studierenden dringend benötigten, wenn Sie denn mal auf dem Musikmarkt eine Chance haben wollten. Ansonsten, schlägt Direktor Waller schwarzmalend vor, sollte Bremen den Titel Kunst- und Musikhochschule doch lieber gleich ganz streichen; „dann sollten Sie sagen: Wir sind eine Hochschule für Klavier.“ Und Peppel assistiert: „Bremen muß sich einfach entscheiden, ob es sich eine Kunsthochschule leisten will oder nicht.“ tw