Ain't got that Swing

■ Jatz statt Jazz: Eine lendenlahme Vorstellung der Big Band Bremen zur Eröffnung der „Internationalen Trompetentage“

Es konnte ja gar nicht anders kommen, und die paar Jazz-Hipsters, die es in Bremen gibt, haben den Braten schon vorher gerochen und sind schön zuhause geblieben. Wenn im Rahmen der „Internationalen Trompetentage“ mit ihrem überwiegend klassischen Programm gnädig eine Nacht dem Jazz überlassen wird, dann werden da ganz bestimmt nicht die letzten Entdeckungen aus den Kellern von New York oder Warschau vorgestellt, sondern ein gefälliges Programm, das keinen der hochkultivierten Konzertbesucher mit freien Improvisationen oder kantigen Soundcollagen verschreckt. Und so kam's denn auch bei der „Jazz Night“ zur Eröffnung der Trompetentage im Gröpelinger „Lichthaus“. So brav und konservativ wie an diesem Abend mußte es nun aber wirklich nicht sein. Gleichwie: Das Publikum im wohlgefüllten Saale fühlte sich von dieser Musik, die eher den schönen deutschen Namen „Jatz“ vertragen hätte, zu enthusiastischem Beifall hingerissen.

Die Big Band Bremen spielte unter der Leitung von Bob Lanese easy listening Arrangements, die entweder meist direkt aus den goldenen Zeiten des Swing stammten, oder diesen Vorbildern nachempfunden wurden. Die Band mit Musikern aus dem Bremer Umland klang so, als hätten Musiker wie Don Ellis, Carla Bley oder auch nur Quincy Jones nie die muffigen Konventionen des orchestralen Jazz gesprengt und freiere, modernere Spielformen durchgesetzt. Alles wurde schön, sauber und ordentlich gespielt, aber eben ohne Sinn für das verspielte, abenteuerlich Neue.

Ein auch nur etwas risikofreudiger Bandleader hätte sich etwa ganz bestimmt nicht die Chance entgehen lassen, mit den besonderen architektonischen und akustischen Begebenheiten des Lichthauses zu experimentieren. So hätte man die Bläsersätze zumindest einmal auf den Gängen der oberen drei Stockwerke (die alle offen zum Lichthof sind) plazieren können, um sie auf das Publikum herab spielen zu lassen – so blieb vom besonderen Veranstaltungsraum nur ein Scheppern der Bläser und ein dumpf verwaschener Sound auf den billigen Plätzen an den Rändern.

Die Gastsolisten mühten sich redlich. Der virtuos spielende Jungtrompeter Ingolf Burkhardt wurde stürmisch bejubelt; die beiden alten Hasen Ack van Rooyen und Lew Soloff zogen in ihren Sets einige etwas zeitgemäßere Register, aber beide wurden durch den Rahmen der traditionellen Bigband eingeengt. Soloff hat man in Bremen noch viel ideenreicher und mitreißender von seinem Auftritt mit Ray Anderson in der Schauburg in Erinnerung, und van Rooyens melancholisch-poetischer Klang ist in seinen eigenen, kleineren Formationen viel besser aufgehoben.

Oft schlich sich bei dem mit fast drei Stunden sehr langen Konzertabend eine gepflegte Langeweile ein. Den programmatischen Titel eines der gespielten Standards könnte man durchaus auch als treffendes Urteil verstehen: „It don't mean a thing if it ain't got that swing.“ Willy Taub