Der „ewige Verlierer“ kommt

■ Mit Hartmut Perschau bekommt ein alter Berufssoldat der Politik die Fäden der Wirtschaftspolitik in dieHand

Rechnen kann er: Hartmut Perschau (CDU), der künftige Wirtschaftssenator Bremens. Das hat der 53jährige Berufs-Soldat schon als Innenminister von Sachsen-Anhalt hinlänglich bewiesen. Die vier „West-Import Minister“ Perschau, Münch, Schreiber und Rehberger gerieten seinerzeit wegen der „Gehaltsaffäre“ ins Kreuzfeuer der Kritik und traten zurück.

Die „Import-Minister“ hatten angegeben, im Westen eine Bruttovergütung erhalten zu haben, die angeblich weit über dem Ostministergehalt gelegen haben soll. Um durch den Wechsel von Ost nach West keine Nachteile zu erleiden, kassierten die vier Minister 20 Prozent mehr Gehalt als ihre Ost-Kollegen. Der Haken an der Sache: Die Belege für ihre angeblich so hohen Bruttobezüge im Westen blieben sie schuldig. Um die Höhe ihrer West-Einkommen dennoch glaubhaft zu machen, gaben sie sämtliche steuerfreien Aufwandsentschädigungen an.

Horst Schröder, Präsident des Landesrechnungshofes Sachsen-Anhalt, ist noch heute der Meinung, daß „das weder nach dem Ministergesetz noch nach dem Haushaltsgesetz zulässig war“. Perschau machte auf diese Weise einen Reibach. Während er vor seinem Umzug in den Osten als Europaramentarier gerade einmal 9.664 Mark verdient haben soll, waren es als Innenminister immerhin schon 17.975 Mark Grundgehalt.

Perschau selbst sieht sich als Opfer einer Rufmordkampagne und ist sich keiner Schuld bewußt. „Ich habe damals alles ordnungsgemäß angegeben, sonst hätte die Staatsanwaltschaft gegen mich ermittelt“, betont der künftige Wirtschaftsminister. „Der Rücktritt hatte nur etwas damit zu tun, daß die FDP die Koalition aufgekündigt hatte.“

Der Landesrechnungshof hat das Geld mittlerweile zurückgefordert. Doch Perschau kann Geld zusammenhalten: Er weigert sich das Gehalt zurückzuzahlen und hat mit Münch, Schreiber und Rehbergen gegen die Rückzahlung Klage vor dem Verwaltungsgericht in Magdeburg erhoben. Wann der Rechtstreit entschieden wird, steht noch nicht fest. „Der Ausgang der Klage ist von großer Bedeutung“, sagt Horst Schröder. „Schließlich geht es hier um die Frage ob künfig für die Berechnung der Pensionsansprüche nicht nur die Diäten, sondern auch die steuerfreien Aufwandspauschalen zugrunde gelegt werden müssen.“

Wie auch immer der Rechtsstreit ausgehen mag, darben wird Hartmut Perschau nicht. Als Wirtschaftssenator bekommt er ein Grundgehalt von 16.668 Mark monatlich. Mit dem Ortszuschlag (1.409,24) dem Zuschlag für ein weiteres Kind (148 Mark) kassiert er 18.225,24. Dazu kommt ein Zuschlag von 3,2 Prozent und eine Aufwandsentschädigung von 650 Mark. Das ergibt den stolzen Betrag von 19.452,89.

Für dieses Geld will Perschau eine Menge für Bremen tun: „Bremen braucht Geld“, sagt der Christdemokrat. „Und ein Wirtschaftssenator ist dazu da, dieses Geld ranzuschaffen – aus Bonn, aus Europa, wo immer es geht.“ Bremen stünde in einem harten Standortwettbewerb, besonders den kleinen Betrieben, „die die meisten Arbeitsplätze stellen“, will er sich widmen. „Wir müssen Unternehmen hier halten, wir müssen die Bürger hier in Bremen halten, wir müssen Firmen hierher bekommen.“ Das Konzept dafür hat er auch schon parat: Durch Steuervergünstigungen und Verkehrsanbindung: Den Autobahnring der A 281 will er schließen. „Ansiedlungsfläche“ will er schaffen, und zwar „nicht nur für Vögel, sondern auch für Menschen“, betont Perschau und spielt auf die Piepmatz-Affäre an, die die Ampel-Koalition zu Fall brachte.

Ob er den langjährigen Wirtschafts-Staatsrat Prof. Frank Haller behält, darauf will sich Perschau nicht festlegen. „Ich hatte bisher nicht die Möglichkeit ihn kennenzulernen. Ich habe aber gehört, daß er sehr kompetent sein soll. Und ich bin wirklich der letzte, der auf gute Leistungsträger verzichtet.“

Daß er ortsfremd ist, stört Perschau nicht. „Ich war lange Zeit in Hamburg“, erzählt er. Dort seien die Verhältnisse ähnlich. Perschau der 1970 in die CDU eintrat, zog vier jahre später als Abgeordneter in die Hamburger Bürgerschaft. Der Major, der gleich nach dem Abitur zur Bundeswehr gegangen war, ließ sich seinerzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen. Er avancierte zum parlamentarischen Geschäftsführer und wurde 1981 Fraktionschef der CDU. Doch Perschau wollte mehr. Drei Mal trat er an, um Bürgermeister zu werden. Drei Mal scheiterte er.

Der „ewige Verlierer“ wurde von seiner Partei weggelobt, und zwar ins Straßburger EG-Palarment. Dort beschäftigte er sich vorzugsweise mit der Politik in der Dritten Welt. Außerdem war er für Hamburg und Bremen zuständig.

In Straßburg traf er auch Werner Münch, der von der niedersächsischen CDU ebenfalls dorthin befördert worden war, um seine Reiselust nach Hannover zu bremsen. Als Münch schließlich nach Sachsen-Anhalt ging, um Ministerpräsident zu werden, dachte er an seinen alten Bekannten Perschau.

Nach seinem Rücktritt in Sachsen-Anhalt im November 1993 arbeitete Perschau für den Medienmogul Leo Kirch und koordiniert den Bau eines Medienzentrums für den privaten Fernsehanbieter SAT 1 im Osten Berlins. Der Ruf nach Bremen überraschte ihn nicht. Während Nölle noch vor wenigen Wochen beteuerte, auswärtige Kandidaten seien nicht im Gespräch, wußte Perschau schon „relativ frühzeitig“, daß sich der Bremer Senat für ihn interessierte: „Wissen Sie, ich bin mit so vielen Bremer CDU-Leuten befreundet, da hört man sowas.“ kes